24.01.2010 - 05.04.2010
Die mit feinem Gespür für künstlerische Zusammenhänge und großer fachlicher Kompetenz zusammengetragene Kunstsammlung des Sammlerehepaars Hermann-Josef und Renate Bunte führt von den Anfängen der impressionistischen Pleinair-Malerei der »Neu-Dachauer«-Schule zu den verschiedenen abstrakten Stilrichtungen im frühen 20. Jahrhundert. Durch künstlerische Begegnungen entwickelten sich zwischen 1890 und 1930 vielfältige Ausdrucksformen, die vom Expressionismus, Fauvismus, Kubismus und Kubofuturismus reichen und Positionen präsentieren, die auch für das Bauhaus in Weimar weg-bereitend waren. Mit 150 Gemälden, Aquarellen, Zeichnungen und Grafiken zeigt das »Kunsthaus Apolda Avantgarde« einen aussagekräftigen Querschnitt dieser einzigartigen und didaktisch einmaligen Sammlung.
Schwerpunkt der Sammlung bildet der so genannte »Hölzel-Kreis«, der sich um den Künstler, Kunsttheoretiker und unkonventionellen Lehrer Adolf Hölzel und die Stuttgarter Akademie formierte. Diesem Schülerkreis gehörten auch Johannes Itten und Oskar Schlemmer an, bevor sie an das »Staatliche Bauhaus« in Weimar berufen wurden. Hölzel hatte sich wie Kandinsky um 1910 von der gegenständlichen Malerei gelöst und entwarf eine eigene Farbenlehre. Für die Entwicklungen der modernen Kunst in Deutschland sowie den später am Bauhaus praktizierten Lehrmethoden und Kunstauffassungen setzte er wichtige Impulse. Einige seiner Schüler studierten bereits bei ihm in Dachau, wo er 1891 zusammen mit Arthur Langhammer und Ludwig Dill eine Malschule gegründet hatte und nach dem Vorbild der Schule von Barbizon und des Impressionismus Freilichtmalerei unterrichtete.
Zu seinen berühmtesten Schülern in Stuttgart zählten, neben Itten und Schlemmer, Willi Baumeister, Ida Kerkovius und der bereits 1914 gefallene und in weiten Kreisen unbekannte Hermann Stenner. Stenner, der schon in Dachau und bei Christian Landenberger an der Stuttgarter Akademie lernte und dort zu einem inhaltlich aufgeladenen Expressionismus fand, steht am Anfang und im Mittelpunkt der Sammelleidenschaft des Ehepaars Bunte. Stenner wurde 1912 Meisterschüler bei Hölzel in Stuttgart und experimentierte wie die anderen Schüler der Hölzel-Kompositionsklasse mit Primärfarben und Bildkonstruktion. Die Parallelen in den Werken der Hölzel-Schüler verdeutlichen die gemeinsame Suche nach Formreduktion und zeigen den Umgang mit Farbe als expressives Ausdrucksmittel.
Wie die Künstler der »Brücke« und des »Blauen Reiter« übten auch die französischen Avantgardisten, Pablo Picasso und Henri Matisse, der 1909 in Paris die »Acadmie Matisse« gründete, Einfluss auf die Arbeiten der Hölzel-Klasse aus. Zu einer indirekten Berührung Hölzels mit der privaten Atelierschule kam es 1915/16 durch den Eintritt des Matisse-Schülers William Straube in dessen Klasse. Zusammen mit anderen Mitgliedern der Akademie, Oskar Moll, Walter Alfred Rosam und Franz Nölken bilden die Bilder der Pariser Matisse-Schüler eine weitere Sequenz der Ausstellung.
Der Kreis der westfälischen Künstler in der Sammlung - Peter August Böckstiegel, Ludwig Godewols, Wilhelm Morgner, Victor Tuxhorn und Eberhard Viegner - erhält seine Anbindung durch Stenner, der Kontakte in seine Geburtsstadt Bielefeld unterhielt, wo er an der Kunstgewerbeschule 1908 seine künstlerische Ausbildung begann. Mit der Freundschaft Viegners zu Christian Rohlfs, der sowohl im westfälischen Hagen als auch in Weimar lebte, spannt sich erneut der Bogen nach Thüringen.
Die Ausstellung, die u.a. bereits in Ahlen, Quedlinburg, Böblingen und Passau zu sehen war, erhält mit der Werkauswahl in Apolda, die den späteren Bauhauskünstlern besondere Aufmerksamkeit widmet, einen imposanten, vorläufigen Abschluss. Zur Ausstellung erscheint ein reich bebilderter Katalog, der den bedeutenden kunsthistorischen Wert der Sammlung hervorhebt.