Das Kunstmuseum Basel zeigt eine Auswahl von hundert Fotografien der Pariser Werbeagentur Éditions Paul-Martial. Die Schwarzweiss-Aufnahmen dienten als Rohmaterial für Plakate, Inserate und Werbebroschüren und zeigen gewöhnliche Dinge: Gebäude, Autos, Schreibmaschinen, Radiatoren, Schaufensterpuppen. Ungewöhnlich und neu hingegen waren Komposition, Beleuchtung und Belichtung der Bilder. Heute spiegeln sie die vielseitige Entwicklung der Fotografie ab den 1920er-Jahren. Gleichzeitig geben sie Aufschluss darüber, wie damals Waren inszeniert und mit welchen Werbestrategien die Konsumenten verführt wurden. Die Fotografien stammen aus einem neu von der Sammlung Herzog erworbenen Bestand und werden erstmals der Öffentlichkeit gezeigt.
Büchsen ermöglichen die lange Konservierung von Lebensmitteln, Reissverschlüsse das sichere Verschliessen von Taschen, Gummisohlen rutschfestes Gehen und Wagenheber den einfacheren Radwechsel. Die Werbefotografien der Éditions Paul-Martial erzählen Geschichten über den Alltag und wie dieser, beispielsweise dank Heizungen, Boiler und Kochherd, angenehmer gestaltet werden konnte. Damit stellen sie eine unschätzbare historische Quelle für frühe Inszenierung von Waren und damalige Verführungsstrategien der Werbung dar. Neben Konsumgütern dokumentierten die Fotografen der Agentur aber auch die neuen Arbeitswelten in Fabriken und Büros, die zunehmende Mobilität und die modernen Kommunikationsmittel. Die Fotografien sind vorläufig noch weitgehend anonym. Für die Firma war die Autorschaft offenbar von sekundärer Bedeutung, zumal die Bilder mehrheitlich eine Art Zwischenprodukt darstellten, das anschliessend von Grafikern für die Gestaltung von Broschüren und Plakaten genutzt wurde.
Neue Sachlichkeit und Neues Sehen Die historischen Fotografien spiegeln auch die vielseitige Entwicklung der Fotografie als eigenständige Kunst ab den 1920er-Jahren wieder. Aufnahmen von Gebäuden, Maschinen und einzelnen Produkten folgen der nüchternen Ästhetik der Neuen Sachlichkeit, die sich nach dem Ersten Weltkrieg etablierte. Fotografien von Transformatorstationen und Brücken verraten das Neue Sehen der Bauhaus-Fotografen oder der Russischen Avantgarde, welche vor allem durch die Betonung der Diagonalen die Fotografien dynamisierten. Dazu gehören auch Fotomontagen und Doppelbelichtungen. Isolierte Gegenstände und rätselhafte Sujets wie beispielsweise ein Tannzapfen bringen das Surreale, das Geheimnisvolle und manchmal auch das Absurde in die Welt der gewöhnlichen Dinge. Die Lust am Experimentieren bleibt spürbar: Die Aufnahmen entstanden oft in kleinen Serien, in denen verschiedene Lichteffekte und andere Blickwinkel ausprobiert wurden.
Die Auswahl von hundert Fotografien stammt aus einem grösseren Bestand, der 2012 aus der Sammlung Peter und Ruth Herzog in Basel zum Teil erworben und zum Teil geschenkt worden ist. Die Ausstellung ist in enger Zusammenarbeit der Kuratorin Anita Haldemann mit Fotografiesammler und -experte Peter Herzog entstanden.