Mit umfangreichen Leihgaben aus deutschen Privatsammlungen und Werken aus der Sammlung des Kunstmuseum Dieselkraftwerk spannt die Ausstellung "Von der Secession in die Moderne" einen faszinierenden Bogen von Jugendstil und Secession bis zu Expressionismus und Neuer Sachlichkeit. Sie versammelt einige der Hauptvertreter einer figurativ-gegenständlichen Kunst, die neben den Protagonisten des Expressionismus und der aufkommenden Abstraktion zu den gefragtesten und erfolgreichsten Künstlern ihrer Zeit in Deutschland gehörten. Als Mitglieder der Berliner, Münchner oder Dresdner Secessionen waren die meisten dieser Maler, Grafiker und Bildhauer unmittelbar an der Entwicklung der Moderne in Deutschland beteiligt bzw. haben in den Jahren zwischen 1900 und 1930 zukunftsweisende Ausstellungen mit ihren Werken geprägt.
Zahlreiche der Künstlerbiographien nahmen ihre Anfänge in der Boheme von München, Berlin und Dresden, den drei führenden deutschen Kunstzentren in der Zeit zwischen Kaiserreich und Weimarer Republik. Prägend waren die dortigen Akademien mit namhaften Lehrern, wie z.B. Carl Bantzer, Franz von Stuck oder Oskar Kokoschka. Ebenso wichtig war für ein Gros der jungen deutschen Künstlerinnen und Künstler aber auch die Lehre an den Kunstgewerbeschulen in Hamburg, Berlin und Königsberg, in denen nicht wenige auch ohne eine akademische Zulassung ihre zeitgemäße künstlerische Ausbildung erfuhren. Wieder andere zog es ins Zentrum der modernen Kunst nach Paris, um an der dortigen privaten Académie Julien zu studieren.
In verschiedenen Gruppen und Zusammenschlüssen organisierten sich in den Jahrzehnten um 1900 die progressiven Kräfte dieser jungen Künstlergeneration und opponierten gegen akademische Erstarrung und künstlerische Konvention. Sie schlossen sich zu Secessionen zusammen, sie arbeiteten politisch, wie z.B. die Berliner Novembergruppe, oder widmeten sich, wie der sog. Klein-Kurener-Kreis in Nidden, ausschließlich der Plenair-Malerei. Die Erfahrungen des 1. Weltkriegs führten nach Jahren der Euphorie und des Erfolgs vielfach zu Ernüchterung und nicht selten zu einer deutlichen Veränderung der künstlerischen Arbeit. Einschneidende Kriegserlebnisse schlagen sich - wie z.B. bei Paul Kother und Heinrich Vogeler - in einer insgesamt veränderten Blickperspektive auf das gesellschaftliche Leben der 1920er Jahre nieder. Einige der ausgestellten Bilder zeugen überdies von einer ausgesprochenen Sehnsucht nach anderen Ländern und neuen Inspirationsquellen. Wieder einmal wird Italien zum bevorzugten Reiseziel der Künstlerinnen und Künstler, geraten südliche Landschaften - wie bei Theo von Brockhusen, Wilhelm Kohlhoff oder Bruno Krauskopf - zum Gegenentwurf sozialer Verhältnisse in Deutschland.
Der Nationalsozialismus stellte für die meisten eine deutliche Zäsur dar. Aufgrund ihrer expressiven Kunst und politischen Freigeistigkeit sowie der behandelten Themen wurden viele mit Arbeits- und Ausstellungsverboten belegt und als "entartet" verfemt. Einige überlebten die Zeit der Schreckensherrschaft nur mühsam mit Gelegenheitsaufträgen, andere wurden umgehend zum Kriegsdienst eingezogen oder gingen wie Heinrich Vogeler oder Bruno Krauskopf ins Exil. Wichtige Sammler- und Käuferkreise brachen weg, da die großenteils jüdischen Förderer und Auftraggeber emigrierten oder ermordet wurden. Ganze Lebenswerke und Ateliers fielen überdies den Kriegshandlungen in den Städten zum Opfer.
Nur wenige der Künstler fanden nach dem Ende des 2. Weltkriegs in ein normales Leben zurück. Sie lebten weitgehend isoliert und zurückgezogen in beiden Teilen Deutschlands. An die Erfolge vor der NS-Zeit konnte wegen vollkommen veränderter Bedingungen auf dem Kunstmarkt kaum einer von ihnen anknüpfen, ein großer Teil dieser sog. "Verschollenen Generation" fiel dem Vergessen anheim. Erst in den 1990er Jahren wurden einige der vertretenen Künstler und ihre Arbeiten wieder entdeckt und erfahren seitdem zunehmende wissenschaftliche Aufarbeitung und steigende Wertschätzung beim Publikum und in Sammlerkreisen.