27.06.2009 - 23.08.2009
Das Werk von Klaus Zylla reicht von Malerei und Zeichnung bis hin zu Druckgrafik und Künstlerbüchern. Letztere offenbaren eine enge Bindung zur Literatur, die gelegentlich auch die Malerei inspiriert. Die Ausstellung entsteht in enger Kooperation mit verschiedenen anderen Institutionen und wird nicht nur in Frankfurt, Koblenz und Jena, sondern auch in Spanien, Italien und Schweden gezeigt.
Zyllas formale Bewusstheit entspringt einer langen Schule des Sehens, einer Arbeit an der Kunst, die zunächst über Jahre die Kunst anderer war, die er als Siebdrucker in verschiedenen Werkstätten in Dresden und Berlin zu Papier brachte. Die verdruckten Bogen waren ihm ein an Überraschungen reicher Zeichengrund, dessen Erkundung seinen Eigensinn und die Eigenart seiner Kunst stärkten. Verschiedene Studiengänge, zuerst im Abendstudium, später im Direktstudium an der Kunsthochschule Berlin Weißen see, begleiten und befestigen diese Entwicklung, jedoch behält Zyllas Kunst die kraftvolle Bindung zum Unverbildeten und Ungeschulten, Bezirke, in denen Jean Dubuffet und andere die eigentlichen Quellen kreativer künstlerischer Leistung vermuteten. Gleichwohl hebt sich Klaus Zylla vor allem über formale Differenzierungen davon ab. In einem ist er jedoch diesen Künstlern ähnlich: Im Grad seiner Beteiligung. Hierin ist er direkt und gibt sich ungeschützt und ungemildert. Das Vokabular seiner Bilder drängt auf Papier und auf die Leinwände und allein durch die klärende Kraft der Linie behält Zylla die Hoheit über das Gewusel der Figuren und bindet diese thematisch ein. Es ist ein Heimspiel zwischen Fläche und Linie, ein Suchen und Verstricken, Fingerübungen mit einem sinnlichen Hang zur Umschreibung, zur Arabeske, die er immer wieder in den Kanon des Werkes zurückbindet. Zyllas Kunst zeugt von Ergriffensein. Ein sozial bestimmter Impetus wird hier zwar nicht gegeben, doch bleibt seine existenzielle Bezogenheit zu unserem aktuellen Jetzt nicht fragwürdig – auch wenn keinem Leidenspathos die Fläche geliefert wird. Neben aller Drolerie und bisweilen def tigem Scherz schwingt hinter Zyllas figürlichen Deformationen eine subtile Ironie, die sich ein Romantiker erlauben kann, sofern ihm der eigene Humor die Kraft dazu lässt.
Malerei, das ist bei Zylla oft eine Mischform aus Malerei und Zeichnung auf Leinwand – das Eine ist im Anderen angelegt. Zeichensetzungen verleihen der Malerei das tektonische Gerüst: Da ist der Strich, der strukturiert und wie eine prägende Linie, oft nachträglich, in den weichen Grund der Leinwände eingekratzt ist. Nähe und Weite, Figur und Landschaft sind poetisch und doch kraftvoll verwoben und oftmals ist es gerade das Netzwerk feiner Zeichensetzungen, das den Eindruck einer immanenten Bewusstseinslandschaft verstärkt. Die Bildflächen sind niemals nur Laboratorium formaler Überlegungen, sondern immer der Ort inhaltlicher Auseinandersetzungen, die sich oft in mehrteiligen Werken entwickeln.
Klaus Zylla liebt Worte, Dichtung und Literatur: Malerei und Zeichnung, das ist bei ihm oft eine Zwiesprache mit jenen Geistern, die er als Große anerkannte und für zeitweilige Partnerschaften auserkor. Wechselseitige Beeinflussung und Inspiration sind vielfach gegeben, und ein mit Feder oder Pinsel geschriebener Text durchblutet oft das Geschehen der Bilder. Die Texte entstammen den Werken von Thomas Bernhard, Charles Bukowski, Karl-Heinz Deschner, Stefan Döring, Heiner Müller oder auch den Reisetagebüchern des Fürsten Hermann von Pückler-Muskau. Zylla fabuliert in der Regel im Imaginären, jenseits des Vergleichbaren, und das geschriebene Wort ist weniger Information als Hintergrundrauschen, vielleicht auch ein Köder für seine Figuren – nicht zuletzt erfahren die Bilder und Blätter durch Inhalt und Struktur der Worte einen oft fantastischen Gewinn an Bedeutung und Form. Dieser leidenschaftliche Umgang mit Worten, Texten und Autoren wird in den Künstlerbüchern umfangreich weitergeführt.