Wie heißt es in einem uns allen bekannten Märchen gleich? „Spieglein, Spieglein an der Wand, sag mir, wer ist …“ Wir bekommen von Spiegeln im alltäglichen Leben zwar keine mündlichen Auskünfte, aber jeder erblickt das eigene Bild darin und das jeden Tag. Etwa: „Ja, heute seh ich ausgeschlafen aus“ oder „Irgendwie bin ich blass im Gesicht, fühl mich auch gar nicht gut, sollte ich besser zum Arzt gehen?“ oder „Also der Bart ist viel zu lang, der müsste mal wieder gestutzt werden“. Wir benutzen unser Spiegelbild, um uns zu beurteilen, wie ist es um unseren Zustand bestellt? Spiegelbilder sind überall um uns herum – in Schaufenster-scheiben, auf Handydisplays, in Glasfassaden von großen Bürogebäuden, im Suppenlöffel, überall dort, wo Licht von Oberflächen reflektiert wird. Im Löffel sehen wir uns verkehrt herum, das Spiegelbild im See steht auch auf dem Kopf – da ist die Linie, wo das Ufer anfängt, dort ist der Schilfgürtel, auf dem Weg hinter dem Schilf geht ein Man spazieren, Bäume stehen hinten am Weg und über den Bäumen ist der Himmel. Und das Gleiche wird auf der Wasseroberfläche des Sees noch einmal gezeigt. An einem windstillen Tag ein fast exaktes Abbild – wo ist eigentlich oben und unten? Na klar wissen wir das, auf dem Spiegelbild schwimmt ja auch eine Mandarinente, richtig herum und falsch herum. In Wüstengegenden entstehen Spiegelungen die wohl Manchen in die Irre führte – die Fata Morgana. Auf dem Rummel konnte man gut lachen, wenn im Spiegelkabinett das eigene verzerrte Abbild erschien – mit dickem Kugelbauch oder dünn wie eine Strohhalm mit riesigem Kopf. Viele Spiegel gleichzeitig in bestimmter Anordnung ergeben einen Unendlichkeitseffekt – x-fach sehen wir uns, tausendmal. Blicken wir ins Kaleidoskop sehen wir wundersame symetrische Muster, die sich beim Schütteln oder Drehen immer wieder verändern.
In der Ausstellung heute sind verschiedene Formen von Spiegelungen auszumachen, wie sie die Kinder, die Jugendlichen und Erwachsenen in den Kursen formuliert haben. Zu sehen sind oft zweiteilige Arbeiten in denen eine Person oder eine Szene zweimal, aber nicht genau gleich, sondern unterschiedlich dargestellt werden – Farben verändern sich, Formen verändern sich – was ist nun das Original und welches das Abbild? Gar nicht einfach zu beantworten und vielleicht auch gar nicht wichtig. Dort spiegelt sich ein Riesenrad bei Nacht im Wasser, ein irgendwie traumhafter Anblick. Spiegeleffekte sind auf einer Teekanne im Stillleben zu erkennen, auf anderen Bildern entstehen durch viele Verdoppelungen ganz neue Gesamtbilder. Auch ist in einer Serie der Weg von der ersten Spiegelung bis zur Verachtfachung und mehr zu erkennen. In anderen Arbeiten wurde mit reflektierendem Material gearbeitet, das Licht wird dadurch ganz anders mit einbezogen. Im Flur steht ein großer Würfel mit Spiegelbildern an seinen Außenwänden – hat er auch im Inneren Reflektierendes zu bieten? Am Ende des langen Flures steht ein großer Spiegel, der unser Bild schon von weitem einfängt. Was ist hinter ihm, vielleicht kann dort auch mal ein Blick hinter das Zurückwerfende geworfen werden?