12.03.2011 - 22.05.2011
Rosa Barba (geb. 1972 in Agrigent / Italien, lebt in Berlin) gehört zu den weltweit meist beachteten filmisch arbeitenden Künstlerinnen ihrer Generation. Mehrfach durch Preise ausgezeichnet und in unzähligen Gruppenausstellungen weltweit präsentiert, so u.a. auf der 53. Biennale von Venedig (2009), widmeten ihr u.a. die New Yorker Dia Art Foundation (2008), die Villa Romana in Florenz (2008), die Londoner Tate Modern, Level 2, das Centre International dÂ’Art et du Paysage de l’île de Vassivière oder das Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofia in Madrid umfassende Präsentationen.
Beispielhaft für ein Oszillieren zwischen Dokumentation und Fiktion, wie es typisch für Rosa Barbas Filmwerk ist, ist Outwardly from EarthÂ’s Center (2007). Ausgangspunkt ist ein reales, geologisches Phänomen, wonach die schwedische Insel Gotska Sandön jährlich um einen Meter vom Festland abdriftet. Um diese Tatsache herum konstruiert Barba eine fiktive Narration, die um die Bemühungen der Bewohner kreist, das Abtreiben ihrer Insel zu stoppen. Dabei ist die Handlung kaum zeitlich einzuordnen: Trotz realer Inhalte und wissenschaftlicher Expertenmeinungen kippt die Handlung immer wieder ins Surreale.
Neben narrativen Filmwerken realisiert Barba auch skulpturale Inszenierungen, die sich schlussendlich in eine konzeptuelle Praxis ausweiten. In Machine Vision Seekers (2003) ist der 16-Millimeter Filmprojektor weniger ein Bild- als ein Textproduzent, der die Worte an die Wände wirft, sie perfekt abgestimmt geradezu durch den Raum wandern lässt. Werke wie Invisible Act (2009) oder Enigmatic Whistler (2009) entfalten durch ihren besonderen Umgang mit Formen, Oberflächen, Licht und Sound eine geradezu multisensorische Wirkung. Die 16-Millimeter-Projektoren sind nicht mehr nur Erzeuger von Bildern, sondern sind selbst gleichberechtigter Teil der mitunter geradezu choreographisch anmutenden Inszenierung. Rosa Barba, die einmal treffend als "romantische Strukturalistin" bezeichnet wurde, interessiert sich weniger für die Illusionsmaschine als für das Zeichensystem Film. Als Strukturalistin zerlegt und analysiert sie ihr Medium; als romantisch jedoch könnte man den narrativen, ja poetischen Gehalt ihrer Arbeiten bezeichnen.
Barba untersucht den Film und das Filmemachen als Form des Schreibens und verweist so - sich bewegenden, projizierten Text nutzend - auf die cinematische Narration. Auch wenn Rosa Barba Film als Sprache begreift, so ist es die Sprache selbst, die einen hohen Stellenwert in ihrem Werk einnimmt. Sie nimmt das gesprochene oder geschriebene Wort als Rohmaterial, schreibt selbst Texte oder zitiert aus ihren sozialen oder historischen Recherchen.
Die Textarbeit I made a circuit, then a second circuit (2010) bildet das Pendant zu den aus-gestanzten Buchstaben von They come and go (2009) die in der Braunschweiger Ausstellung zwei Räume zuvor zu sehen sind. Der durch Buchstaben perforierte Stoff überführt die Sprache - in Form des Mediums Schrift - in die Dreidimensionalität. Der Text wird durch Bühnenbeleuchtung im wahrsten Sinne des Wortes in Szene gesetzt. Erst durch das durchfallende Licht werden die Buchstaben wie durch eine Schablone deutlich lesbar auf die Wand projiziert. Das Wechselspiel von Schatten und Licht spiegelt die Flüchtigkeit und das Momenthafte von Erlebtem wider, während die Schrift den Wunsch nach dauerhaftem Bewahren verkörpert. Der Text selbst handelt von dem Wesen des Loops, des "Kreislaufs",
der metaphorisch für den Weg des Lebens selbst stehen kann.
Durch die Villa Salve Hospes verlaufen Rohre und enden in labyrinthischer Anordnung im Garten. Sie scheinen die verborgene Struktur einer Stadt offen zu legen, während die Geräusche einer unterirdischen Welt durch die Leitungen strömen. Der Sound, der das Dröhnen des oberirdisch passierenden Verkehrs sowie die Geräusche der Entlüftungsanlage wiedergibt, stammt aus den Mersey Tunnels. Diese verlaufen unter dem Mersey River und verbinden Liverpool und Wirral Peninsula.