06.02.2011 - 06.03.2011
Der Schatten, selbst von immaterieller Substanz, bezeugt auf Leinwand oder ähnlichem Untergrund gebannt, die Existenz der abgebildeten Person oder des Gegenstandes. Dem Schattenbild entnehmen wir wichtige Informationen über die Gestalt von Körpern und über die Quelle des Lichts, das darauf fällt. Doch Schatten verfügen auch über so etwas wie ein Eigenleben. Nietzsches Unterhaltungen des Wanderers mit seinem Schatten legt nicht zuletzt davon Zeugnis ab. Der Schatten gibt Auskunft. Er erzählt von der Begebenheit der Objekte und er zeigt die Positionen der Objekte in ihren Relationen zueinander, zur Quelle des Lichts und zum umgebenden Raum. Wer imstande ist, einen Schatten zu deuten, kann die Geschichte der Begebenheit rekonstruieren, kann Ortsbestimmungen vornehmen und Größenverhältnisse konstruieren. Anhand der Schatten-Beobachtung entwickelte sich die Geometrie und spätestens hier kommt auch der Begriff der Projektion ins Spiel. Die Beziehung zwischen den Gegenständen und ihren Schatten, zwischen Materiellem und Immateriellem ist also eine komplexe, die zwischen Sein und Schein schwankt. Harald Uhr