23.10.2010 - 01.05.2011
Der Westhimalaya ist eine der beeindruckendsten Hochgebirgsregionen der Erde, weite Sandwüsten wechseln sich ab mit subtropischen Wäldern und 7000 Meter hohen Schneegipfeln. Die Region ist ein Schmelztiegel von Kulturen, die aufgrund der Abgeschiedenheit ihre einzigartige Originalität über Jahrtausende hinweg bewahren konnten. Auf wichtigen Handelsrouten wurden philosophische Ideen, Religionen und Kunststile verbreitet. Hinduismus und Buddhismus vermischen sich hier mit uraltem Geisterglauben und der Verehrung von Fruchtbarkeitsgöttinnen. Der Westhimalaya ist eines der letzten Refugien des tibetischen Buddhismus, in dessen Klöstern ein in Tibet nahezu zerstörtes Kulturerbe noch bewahrt wird.
Politisch gesehen gehört die Region heute zu den indischen Bundesstaaten Himachal Pradesh, Jammu und Kashmir, aber schon einer der ersten Europäer, der diese Gegend bereiste, August Hermann Francke, sprach von »Indiens Tibet«, um den Einfluss Indiens auf den frühen tibetischen Buddhismus im Westhimalaya herauszustellen. Tibetische Gelehrte gingen nach Indien, um in die Lehren des indischen Buddhismus eingeführt zu werden, indische Sanskrit-Texte wurden ins Tibetische übersetzt, bevor sie in Indien selbst - bedingt durch die muslimischen Invasoren - verloren gingen. Aus dieser Vernetzung entwickelten sich einige der schönsten Stile buddhistischer Kunst, geschaffen von indischen Künstlern, die tibetische Klöster des Westhimalaya ausschmückten. Heutzutage liegt es nahe, die Region als »Tibets Indien« zu bezeichnen, bietet sie doch Zufluchtsstätte für Tausende tibetischer Flüchtlinge und deren gelebte religiöse Tradition.
Die Ausstellung thematisiert drei Forschungsreisen, deren Stationen in der Ausstellung durchlaufen werden. Im Jahr 1909 begab sich der deutsche Archäologe August Hermann Francke auf eine 2000 km lange, damals sehr gefährliche Expedition durch den Westhimalaya. Zum ersten Mal in der Geschichte hielten er und sein Fotograf Babu Pindi Lal die bizarre Landschaft und die faszinierende Kultur dieser Region in Wort und Bild fest. Der österreichische Bergsteiger Heinrich Harrer (»Sieben Jahre in Tibet«) durchwanderte1944 auf seiner abenteuerlichen Flucht nach Tibet die Region und bereiste in den 1970er Jahren die Gebiete Ladakh und Zanskar erneut, um die tibetische Kultur zu dokumentieren. Aufgrund politischer Umstände war der Westhimalaya dem Zutritt Fremder lange Zeit verwehrt. Erst Ende des 20. Jahrhunderts wurde dieses Gebiet einer begrenzten Anzahl Reisender wieder in Teilen zugänglich gemacht. Dies hat der Frankfurter Autor und Fotograf Peter van Ham zum Anlass genommen, um in mehreren, über die letzten zwanzig Jahre verteilten Expeditionen den Spuren Franckes und Harrers durch die Bergwüsten von Kinnaur, Spiti, Lahaul, Rupshu, Nubra, Zanskar und Ladakh zu folgen.
Die Ausstellung führt den Besucher auf den Spuren der Forschungsreisenden in einer »äußeren« bzw. »physischen« Reise von Shimla aus durch die Regionen Kinnaur, Spiti, Rupshu und Ladakh/Zanskar. Gleichzeitig gibt es eine »innere« oder »spirituelle« Reise zu religiöser Kunst des Hinduismus, Buddhismus und Geisterglaube. Den Höhe- und Schlusspunkt der Ausstellung bildet ein begehbares Mandala, das einem Innenraum des Klosters Tabo in Spiti nachempfunden ist und das klösterliche Leben des Westhimalaya erfahrbar macht.
Präsentiert werden Textilien und Schmuck, Bronzeskulpturen zu Hinduismus und Buddhismus, Ritualgegenstände, Thangka-Malereien und Tanzmasken. Großformatige historische und zeitgenössische Aufnahmen sowie Multimedia-Installationen lassen den Besucher in eine faszinierende Region eintauchen.