11.09.2008 - 16.11.2008
Ein Ausstellung der Gesellschaft Photoarchiv im Rheinischen LandesMuseum Bonn/LVR anlässlich des hundertsten Geburtstags am 11. September 2008
„Die Strelow" – das war in den Jahren des Wiederaufbaus und des folgenden Wirtschaftswunders ein Begriff. Ihre fotografischen Porträts galten als visueller Ausweis einer herausgehobenen Stellung in der sich formierenden Gesellschaft der noch jungen Bundesrepublik Deutschland. Sie porträtierte sowohl die Bosse an der Ruhr und ihre Familien in deren Auftrag, als auch die prominenten Schriftsteller, Maler, Musiker, Schauspieler und Architekten, die sich, aus dem In- und Ausland kommend, am Rhein ein Stelldichein gaben. Ihr fotografischer Stil setzte wahrhaft Maßstäbe. Eines der bevorzugten Modelle ihrer Fotografie war Gustav Gründgens. Seinetwegen war sie von Detmold nach Düsseldorf gezogen, um die fotografische Chronistin des Düsseldorfer Schauspielhauses zu werden.
Ein anderer Bewunderer ihrer fotografischen Kunst war Wieland Wagner, und so wurde sie zur Cheffotografin der Bayreuther Festspiele. Schließlich übernahm sie von 1959 bis 1962 auch noch die Aufgabe einer Cheffotografin der Bühnen der Stadt Köln.
Es ist nicht übertrieben zu behaupten, dass „die Strelow" das Selbstbild der zentralen Akteure dieser Epoche deutscher Nachkriegszeit entscheidend beeinflusst hat. So fotografierte sie auch den ersten Bundeskanzler der neuen Republik, Konrad Adenauer, und die berühmte Briefmarke mit dem Profil von Theodor Heuß, dem ersten Bundespräsidenten, ist nach einer Vorlage aus ihrer Kamera entworfen worden.
Anno 1908 wurde die große Fotografin in Redel/Pommern geboren, und in einem Jahren jährt sich dieser Tag zum hundertsten Mal. Das Datum ist der Anlass für die Gesellschaft Photo Archiv im Rheinischen LandesMuseum Bonn eine umfangreiche Werkschau zu erarbeiten, die erste repräsentative überhaupt und die erste seit längerer Zeit. Der gesamte Nachlass der Porträts befindet sich im Besitz der Gesellschaft einschließlich eines kleinen Teils ihrer Theaterfotografie.
Der größte Teil ihrer Theaterfotografie hat sie zu Lebzeiten an das Dumont-Lindemann-Archiv in Düsseldorf verkauft, das großzügige Unterstützung des Projektes zugesichert hat.
Die Retrospektive wird nicht nur die Charaktere der führenden Persönlichkeit von Politik, Wirtschaft und vor allem Kultur der ersten zwanzig Jahre der Bundesrepublik Deutschland im Lichte der individuellen Vision einer bedeutenden Künstlerin von neuem vergegenwärtigen, manche mit ihren nach wie „gültigen" Porträts, sondern sie wird auch einen Abschnitt deutscher Theatergeschichte wieder lebendig werden lassen, der trotz der personellen Kontinuität der Akteure, die bereits vor, besonders jedoch in der Nazizeit das Theater in Deutschland verkörperten, ihren künstlerisch vielleicht glanzvollstes Kapitel repräsentiert.
Doch auch in der Fotografin selbst spiegelt sich der mutmaßliche Widerspruch einer Künstlerin, die 1933 als Assistentin der berühmten Berliner Fotografin Suse Byk ihrer Karriere begann, deren Atelier später übernahm oder, wie es damals hieß, „arisierte" und seit 1938 am Kurfürstendamm eine eigenes Porträtstudio unterhielt. Auch diesen möglichen Widerspruch ein wenig auszuleuchten, ist Ziel der Retrospektive, die damit einen wichtigen Beitrag zur deutschen Kulturgeschichte vor sogenannten „Vorkriegs- Kriegs- und Nachkriegszeit" leisten wird, deren komplexe kulturelle Bezüglichkeiten noch kaum angemessen dargestellt worden sind. In diesem Zusammenhang ist es deshalb auch nicht unwichtig zu erwähnen, dass Liselotte Strelow mit ihrem Buch „Das manipulierte Menschenbildnis" und anderen Veröffentlichungen einen mehrfach aufgelegten Einblick in ihre Arbeit und deren Bedingungen vermittelte, und dass sie die erste Frau in Deutschland war, die im Fernsehen mit dem Bekenntnis auftrat: Ich habe Krebs. Es gibt also viele gute Gründe, Liselotte Strelow den Platz in der deutschen Kulturgeschichte einzuräumen, der ihr gebührt.
Die Retrospektive wird Liselotte Strelow als einer herausragende Repräsentantin der Fotografie in Deutschland erweisen, die international nach wie vor weitgehend unterschätzt wird, in den letzten Jahren sich allerdings ständig steigender Aufmerksamkeit erfreut.
Begleitet wird die Werkschau von einer repräsentativen Monographie und zahlreichen Begleitveranstaltungen. Die Eröffnung der Ausstellung ist für den 11. September 2008, dem hundertsten Geburtstag Liselotte Strelows festgesetzt. Ihr Interesse, sich an dem Projekt zu beteiligen, haben bereits das Deutsche Historische Museum in Berlin und die Kunsthalle Erfurt angemeldet.