26.04.2009 - 04.10.2009
Sie sind geschaffen für ein Schattendasein, rücken Mode aber erst ins rechte Licht: Etiketten. In einer neuen Ausstellung bringt der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) die kleinen Einnäher und ihre Geschichte jetzt groß heraus. Die Schau unter dem Titel „EtikettenKULT“, die vom 26. April bis 4. Oktober 2009 zu sehen ist, spannt einen Bogen von den Anfängen der gewebten Herstellerhinweise bis hin zu bekannten Modelabels wie Dior, Strenesse und Zweigler. Zum Spektrum der Exponate gehören wertvolle Abendkleider der „Haute couture“ aus den 1950er Jahren sowie Zeichnungen und Musterbücher, ein voll funktionstüchtiger Bandwebstuhl samt Lochkarten – und natürlich jede Menge Etiketten und Abzeichen.
Ein Großteil der gezeigten Schätze stammt aus der Kunstweberei Carl Neiss in Krefeld und der Firma Saatweber & Sieper in Wuppertal, deren Bestände das LWL-Industriemuseum nach Firmenschließung Mitte der 1990er Jahre übernommen hat. „Eine wahre Fundgrube“, verrät Museumsleiter Dr. Hermann Josef Stenkamp. Beide Firmen produzierten Etiketten für die ganze Welt und bedienten Kunden wie „Chanel“ ebenso wie den Maßschneider in Köln. Sie setzten ihre Kunstfertigkeit aber nicht nur für Modeartikel ein, sondern auch zur Produktion vielfältiger Abzeichen. Kaum ein Sport- oder Musikverein, dessen Zeichen in den letzten 100 Jahren nicht von einer der beiden Firmen als Aufnäher gewebt wurde. Auch das Militär und Unternehmen wie Edeka, Wella oder Shell ließen in Krefeld oder Wuppertal arbeiten.
Aus der Weberei Neiss sicherte das Textilmuseum einige Tausend handgezeichneter „Patronen“ - kolorierte technische Zeichnungen, die als Grundlage für die Etikettenproduktion dienten; dazu Auftragsbücher, Vertretermappen und Meterware von gewebten Etiketten. Die Historikerin Dr. Karin Thönnissen hat diesen Bestand für die aktuelle Ausstellung jetzt erstmals aufgearbeitet.
Von der Etikettenweberei Saatweber & Sieper übernahm das Museum eine Vielzahl an Musterbüchern aus den 1920er bis 1980er Jahren – „ein einmaliges Zeugnis der Mode- und Kulturgeschichte“, so Stenkamp.
Besucher können sich in der Ausstellung an wertvollen Abendkleidern aus den 1950er bis 1970er Jahren von Dior, Nina Ricci, Luis Ferrand und Heinz Oestergard freuen – allesamt private Leihgaben, die das Museum nach Aufrufen erhielt. Kindheitserinnerungen wecken bei manchem Kleidungsstücke von Bleyle oder Mäntel von Keppler. Ein Turneroutfit der 1930er Jahre, eine Schwesterntracht und Badebekleidung stehen für die weitere Textilien, denen die beiden Firmen mit ihren Etiketten das Markenzeichen anhefteten.
Ergänzt wird die Ausstellung durch aktuelle Kunstwerke wie ganze Kleider aus Etiketten der Designerin Pia Fischer, mit denen Ausstellungsgestalter Martin Schmidt in Bocholt den heutigen Markenwahn in Szene setzt. Sie sollen dem Betrachter einen Spiegel vorhalten, zum Nachdenken, aber auch Schmunzeln einladen.
Besonderes Highlight: Rechtzeitig zur Etikettenschau restaurierte Webmeister Hartmut Hildebrand aus Wuppertal einen historischen Bandwebstuhl. An der laufenden Maschine erleben Besucher, wie das Sarotti-Etikett gewebt wird.