30.04.2009 - 01.06.2009
In jüngster Zeit sind in Deutschland an fast allen Welterbestätten Konflikte entstanden, da im Kontext historisch besonders schützenswerter Städte und Kulturlandschaften neue Nutzungen und entsprechende Bauwerke geplant werden. Es zeigt sich, dass kaum ein Konflikt, sei es in Köln, Dresden, Aachen, Stralsund, Potsdam oder Berlin – oder auch in Kairo, St. Petersburg, Riga oder Prag – aus der Spirale ideologischer Argumentationen auszubrechen vermag.
Vor diesem Hintergrund wurde den Diplomanden im Studiengang Architektur an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus eine Entwurfsaufgabe gegeben, die sich bewusst diesem Konflikt zwischen Welterbestätten und modernem Bauen stellt. In Anknüpfung an die über zweihundert Jahre alte Tradition der Saatzucht in Quedlinburg und unter Berücksichtigung der Tätigkeiten des dort ansässigen Julius Kühn-Instituts, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, sollte ein Gebäude, ein Science-Center, entwickelt werden, wo das allgemein interessierte Publikum die Themen Saatzucht, Gentechnik und Ernährung auf informative und anschauliche Weise erleben kann.
Im historischen Kontext der heute nicht mehr vom Verfall, sondern von Entvölkerung bedrohten Welterbestadt Quedlinburg soll durch eine zeitgenössische Architektur – eine Eventarchitektur – eine neue Entwicklung angestoßen werden.
Quedlinburg ist eine Stadt mit einer wertvollen Vergangenheit. Wegen ihrer historischen Bedeutung für die frühe politische Entwicklung Mitteleuropas und der baugeschichtlichen Wichtigkeit als mittelalterliche Fachwerkstadt wurde sie in die Liste des Welterbes der Menschheit aufgenommen.
Quedlinburg ist aber auch eine Stadt mit großen Problemen in der Gegenwart. Immer mehr Menschen wandern ab und hinterlassen eine schrumpfende Stadt, die aus sich selbst heraus ihr Erbe kaum mehr angemessen pflegen kann. Das Pfund des Tourismus wiegt die Last der Instandhaltung bisher nicht auf. Quedlinburg braucht eine neue Perspektive, die über den nur auf die Vergangenheit fixierten Status als Welterbestätte hinausgeht.
In der Austellung werden die unterschiedlichen Positionen der Diplomanden zu den Fragen der städtebaulichen Einordnung eines solchen neuen Gebäudes in den historischen Kontext, des Umgangs mit dem teilweise denkmalgeschützten Bestand, der Übersetzung des komplexen Themas der grünen Gentechnik in ein architektonisches Ensemble oder Gebäude präsentiert. Sie dienen als Anregung zur weiteren Diskussion über die Zukunft Quedlinburgs und den Umgang mit Welterbestädten in Deutschland.