Eine Serie von 65 Kollodiumabzügen ist Gegenstand einer Ausstellung über das Fotografieren als regionalgeschichtliche Praxis in den 1920er Jahren. Die Aufnahmen entstanden auf Wanderungen der Amateurfotografen Bruno Stephan, Werner Köhler und Walther Apel durch die Grenzmark Posen-Westpreußen, einer heute in Polen gelegenen Region. In hoher atmosphärischer Dichte zeigen sie die Ortschaften und ihre Bewohner, Baudenkmäler, Friedhöfe und die Natur. Die Aufnahmen können als Gegenentwurf zur großstädtischen Lebenswirklichkeit der Berliner Fotografen gelesen werden. Zugleich sind darin Darstellungsmuster erkennbar, die den Blick auf Ostmitteleuropa seit dem 19. Jahrhundert prägten und die kulturelle Traditionen in ein hierarchisches Verhältnis zueinander gesetzt haben. Entstehungs- und Veröffentlichungsgeschichte dieser lange unbeachtet gebliebenen Fotografien wurden jüngst erst geklärt. Die Situation im vereinten Europa erlaubt es heute, den seltenen Bestand einer aus deutscher und polnischer Sicht gemeinsam vorgenommenen Auswertung zu unterziehen.