Das Ornament erlebt in der abstrakten Kunst gegenwärtig eine Renaissance. Nicht nur in der bildenden Kunst, auch in Design und Architektur sind Muster zurzeit Thema. Die musterhaften und dynamischen Bilder der jungen Generation beziehen sich zwar auf Kompositionen der klassischen Moderne, doch kreieren die heutigen Künstler – befreit von utopischen Impulsen – einen eigenen Remix verschiedener Stilrichtungen. Die ornamentale Brechung meldet dabei Zweifel an dem Projekt der Moderne an: „Die einseitige Fortschritts-dynamik der Avantgarde und das Dogma der Nouveauté finden im Ornament ihre dialektische Korrektur" (Markus Brüderlin).
Mit der Ausstellung „Schleuderball“ von Birgit Antoni und – parallel dazu – mit der Präsentation der Bodenarbeit von „Bubbles“ von Polly Apfelbaum, stellt das Mönchehaus Museum Werke einer deutschen und einer ameri-kanischen Künstlerin der gleichen Generation vor, die seit Beginn der 90er Jahre ornamentale Formen aufweisen.
In den 80er Jahren wurde Birgit Antoni (1956 in Köln geboren) zunächst mit Animationsfilmen bekannt. Seit Anfang der 90er Jahre widmet sie sich ausschließlich der Malerei. Grundelemente der Bilder von Birgit Antoni sind Kreise und deren Überschneidungen.
Aus den Schnittflächen der von Hand gezogenen Kreise ergeben sich vielfach konkav oder konvex gewölbte Formen. Sie überziehen die Leinwand mit einer sich nach allen Seiten ausbreitenden ornamentalen Struktur. Birgit Antoni arbeitet streng in Bildserien, in denen sie die Möglichkeiten verschiedener Formprinzipien durch-spielt. Dennoch handelt es sich niemals um im Vorhinein kalkulierte geometrische Muster. Vielmehr lässt sich die Künstlerin mit jedem Bild neu auf das Abenteuer des Malens ein, bei dem am Anfang – trotz dem vorgefassten Grundgedanken – das Ergebnis nie feststeht. Ihre Bilder leben aus der Spannung zwischen konzeptueller Ordnung und handschriftlicher Abweichung.
Die in mehreren Schichten aufgebaute Farbigkeit schafft komplexe, ornamentale Bildräume von großer Dynamik und einer faszinierenden plastischen Wirkung. Die schönen Malkurven und das vibrierende Zusammenwirken verschiedener Ebenen erzeugen ein subtiles Spiel räumlicher Schwingungen. Die große Faszination der Bilder von Birgit Antoni liegt in der Variation der verschieden großen Kreisanordnungen und –überlagerungen. Gerade daraus ergeben sich irritierende Wechseleffekte zwischen Positiv und Negativ, Form und Zwischenraum, Figur und Grund. Das Auge springt von Farbfeld zu Farbfeld - sowohl in der Fläche als auch im Vor und Zurück der elastisch bewegten, tiefenwirksamen Raumdimension des Bildes.
Die Ausstellung im Mönchehaus umfasst ca. 40 Gemälde aus den Jahren 2002 bis 2007. Vier große Gemälde sind speziell für Goslar entstanden, ebenso wie die Neubearbeitung eines Trickfilms von 1990 unter dem Titel „Optic Remix“ (1990/2007), der in einer Großbildprojektion in einem gesonderten Ausstellungsraum gezeigt wird.
Parallel zu den Arbeiten von Birgit Antoni zeigt das Mönchehaus in einem separaten Ausstellungsteil die großformatige Bodenarbeit „Bubbles“ (ca. 4m Durchmesser) aus dem Jahre 2000 von Polly Apfelbaum.
Die Bodenarbeiten der New Yorker Künstlerin (geb. 1955 in Abbington, PA) sind in den letzten Jahren zu ihrem Markenzeichen geworden. Polly Apfelbaum schneidet hunderte kleine, organisch anmutende Formen aus Stretchsamt, tränkt sie mit Stofffarbe und ordnet sie nach einem genauen System in Farbwellen auf dem Boden an. Intensive Farbgebung und kreisförmige Anordnung erzeugen schwindelerregende, psychedelische Muster. Polly Apfelbaum spielt mit Formen und Farben, die man mit Weiblichkeit, Weichheit, Schönheit, Reinheit, Unschuld, gleichzeitig mit Unendlichkeit assoziiert. Sie hat keine Angst vor der Schönheit der Form und der Leuchtkraft der Farbe. „I wanted the work to be… as sexy and hallucinogenic as possible“ lautet ein viel zitierter Ausspruch der Künstlerin.
Ihr Werk lässt eine Vielfalt an Interpretationen zwischen Hoch- und Populärkultur zu. Anklänge an die amerikanische Farbfeldmalerei oder den abstrakten Expressionismus, an Minimal Art oder Matisse’ Scherenschnitte sind ebenso evident, wie solche an feministische Kunst oder das Kunsthandwerk. Typisch für ihre Arbeit ist deren unorthodoxe Aneignung, Umformung und Neuschreibung. Die Werktitel entstammen oft Popsongs, deren emotionale, intuitive Komponente die Künstlerin interessiert. Polly Apfelbaum möchte einer rein intellektuellen eine farbige, eine sinnlich-betörende Kunst entgegensetzen.
Zu dieser Präsentation im Mönchehaus Museum erscheint ein Faltblatt.