In seinem jungen Werk portraitiert Michael Smith, 1977 in Detroit geboren, die wenig repräsentative Seite der „Großmacht“ USA.
Einst Vorzeigemetropole der blühenden Automobilindustrie, kämpft Detroit heute mit Arbeitslosigkeit, Leerstand, brach liegenden Industrieflächen, rasantem Bevölkerungsschwund, Slums und einer hohen Kriminalitätsrate, insbesondere von schwarzen Jugend-Gangs.
Fast beiläufig erscheinen Objekte, Skulpturen, Wandarbeiten, Zeichnungen und Videos, die der Künstler – angepasst an den jeweiligen Ausstellungsraum – sparsam im Raum verteilt. Smith fertigt seine unscheinbaren Werke aus Fundstücken seiner Heimatstadt: T-Shirts, Basketball-Mützen, Trainingshosen, Lederjacken, Kugelschreiber, Klebeband, Kühltruhen oder Blech-dosen; alles Objekte und Materialien, die schützen oder konservieren, die dem Körper nah sind wie Kleidung und Nahrung. Meist verarbeitet und verfremdet er sie mit Schaumstoffen, Gummi, Plastik, Klebstoff oder anderen Industriematerialien: „Lacke, Harze und Öle verkleben und versteifen Reststücke eines anspruchslosen Lebens“, heißt es im Pressetext seiner ersten deutschen Einzelausstellung in der Berliner Galerie Koch Oberhuber Wolff (2010). Michael Smith Referenzpunkte sind zum einen die Jugendkultur der schwarzen Bevölkerung – mit ihren Sportidolen und Musikstars –, zum anderen die Tristesse und bedrückende Stimmung in der heruntergekommenen Automobil-Metropole. Symbolische Bezüge zur afro-amerikanischen Alltagskultur, zur Working Class und zu Hip Hop verweisen auf die Anstrengungen, unter den repressiven Verhältnissen zu überleben.
Die Wandinstallation Migrant Worker Banshee, im Deutschen Die Todesfee des Gastarbeiters (2008) könnte für sein Werk typischer nicht sein. Sie besteht aus einem Abfalleimer aus Plastik, einem Fußabstreifer und einem durchlöcherten Strohhut. Die Alltagsstoffe verbindet und verändert Smith so, dass sie in zeichenhafter Weise anfangen zu erzählen. Der graue, wie ein Relief an der Wand befestigte Plastikmülleimer mit der darüber liegenden Matte erinnert an einen amerika-nischen Briefkasten oder Schuhaufsatz eines Straßenschuhputzers. Und der auf ihm ruhende Strohhut mit dem Loch verweist metonymisch auf seinen abwesenden Besitzer, einen mexikanischen Arbeiter. Der todverkündende Geist, von dem der Titel spricht, ist die dem Nicht-Amerikaner stets drohende Ausweisung aus dem Land durch die US-Behörden. Dieser Bannstrahl erreicht denjenigen, der ordnungsgemäß Antrag auf Arbeiterlaubnis und Aufenthaltsgenehmigung gestellt hat, in der Regel durch die Post. Wie in dieser Installation. Im Spiegel seines Werks sind die USA längst nicht mehr das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, sondern ein Land, das gezeichnet ist von wirtschaftlicher Depression, sozialer Desintegration und politischer Korruption.
Neben diesen minimalen Inszenierungen stehen Skulpturen, Gemälde, Arbeiten auf Papier sowie Videos. Kleine Leinwände zeigen vernarbte und verkrustete Oberflächen oder sind aschefahle schwarze Monochrome. In Zeichnungen dringen Tinten und Lacke mal wie Graffiti, mal wie eine Tätowierung, mal wie Schlamm in das Papier. Die Videos sind minimalistische Loops: Hundepfoten, die im Schlaf zucken, das schweißnasse Haar von Miles Davis, zwei von Sturm gepeitschte Beine.
Die Ausstellung im Mönchehaus Museum ist die erste institutionelle Einzelausstellung des Künstlers in Deutschland.