28.10.2011 - 04.03.2012
Die Sammlung Fotografie des Münchner Stadtmuseums präsentiert erstmals den fotografischen Nachlass des neusachlichen Malers Karl Hubbuch (1891-1979).
Der Name Karl Hubbuch wird heute meist mit dem Stilbegriff Neue Sachlichkeit in Verbindung gebracht. In kühler Malweise und sachlicher Themenauffassung schuf der Künstler Gemälde und Zeichnungen, die als Ikonen dieser Epoche gelten. Internationale Bekanntheit erlangte Hubbuch durch seine Teilnahme an der epochalen Mannheimer Ausstellung Neue Sachlichkeit (1925) sowie durch seine Professur an der Badischen Landeskunstschule in Karlsruhe. Erst seit wenigen Jahren ist die intensive Beschäftigung des Künstlers mit dem Medium der Fotografie bekannt. Seit 2001 ist ein Großteil seines fotografischen Nachlasses (ca. 600 Negative und 100 Originalabzüge) dank der finanziellen Unterstützung der Hypo-Kulturstiftung Bestand der Sammlung Fotografie des Münchner Stadtmuseums. Diese Aufnahmen, die zwischen 1926 und 1933 entstanden sind, werden nun erstmals präsentiert.
Im Fokus der Ausstellung, die mehr als 150 Fotografien, Zeichnungen und Gemälde beinhaltet, stehen zwei thematische Schwerpunkte: das Modellbildnis und das Straßenleben mit Stadtansichten. Einzelnen fotografischen Sequenzen bzw. Serien des Künstlers sind Zeichnungen und/oder Gemälde des Künstlers gegenübergestellt. Es zeigen sich dabei motivische Schwerpunkte aber auch spannende stilistische Wechselwirkungen, die einen neuen Blick auf Karl Hubbuch versprechen.
Hilde, Martha oder Marianne sind ab Ende der 1920er Jahre seine wichtigsten Modelle. Die Aufnahmen von Hilde zeigen sowohl eine vertraute Nähe als auch eine slapstickartige Komik, was auf die enge private wie auch künstlerische Beziehung der beiden zurückzuführen ist. Dagegen offenbaren die Aufnahmen der Ballettschülerin Martha eine gewisse Statik und Ruhe. Hubbuchs Interesse an Bewegungsstudien wird schließlich ab 1929 in den Aufnahmen der jungen Marianne sichtbar, die im Schwimmbad, beim Ringtennis und im Atelier für den Fotografen Hubbuch posiert. Im Nachlass lassen sich auch einige bekannte Personen dieser Zeit entdecken: der Schauspieler Hermann Brand, der Akademie-Kollege und neusachliche Maler Georg Scholz oder die Hubbuch-Schüler Erwin Spuler und Ellen Rosenberg, spätere Auerbach, posieren und inszenieren sich immer wieder vor seiner Kamera.
Auch Karl Hubbuch selbst steht gerne vor der Kamera, wie beispielsweise die Sequenz vor dem Spiegel zeigt, in der er gemeinsam mit seiner Ehefrau Hilde posiert. Mit ironischem Unterton schaffen sie hier einen fotografischen Kommentar zum geschlechtsbedingten Rollenverständnis dieser Jahre.
Am Beispiel von drei Städten - Karlsruhe, Trier und Paris - werden die unterschiedlichen Gebrauchsweisen der Kamera, nun im öffentlichen Raum, vorgestellt. Hubbuchs Aufnahmen dokumentieren dabei Flugschauen am Alten Flugplatz oder Festumzüge in der Kaiserstraße in Karlsruhe sowie Prozessionen in Trier. Aufnahmen, die auf die 1930er Jahren zu datieren sind, zeigen schließlich die Uniformität und Gleichförmigkeit der Massen kurz vor der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten. Auch hier rückt das anonyme Individuum immer wieder ins Zentrum und der unverwechselbare dokumentarische Blick des Künstlers fängt es mit seiner Kamera ein.
Stilistische Elemente wie Spontaneität oder Experimentierfreude, die heute zu den Charakteristika der Bauhausfotografie zählen, definieren diesen fotografischen Nachlass. Die Geschlossenheit des fotografischen OEuvres, die Qualität und Eigenständigkeit einzelner Aufnahmen aber auch ganzer Serien und Sequenzen wird in der Präsentation deutlich. Das Material offenbart die Herausbildung einer Bildsprache, die mit dem zeichnerischen und malerischen Werk des Künstlers korrespondiert.