17.03.2012 - 16.09.2012
Im April 2010 explodiert im Golf von Mexiko die Ölplattform Deepwater Horizon. Die folgenden Monate rücken eine sich anschließende Umweltkatastrophe in den Mittlelpunkt des weltweiten Medieninteresses.
Seit 1956 zerstört im westafrikanischen Nigeria die Erdölförderung durch Großkonzerne die Lebensgrundlage der einheimischen Bevölkerung. Besonders im Nigerdelta herrschte einst Artenreichtum und Überfluss für Mensch und Tier. Doch seit Jahrzehnten nimmt eine Katastrophe ihren Lauf, deren Ausmaß kaum absehbar ist. Den fatalen Nebenwirkungen der Ölgewinnung im Nigerdelta wird jedoch wenig Aufmerksamkeit zuteil.
„Nirgendwo sonst auf der Welt verpestet die Ölförderung die Natur so sehr wie im Mündungsgebiet des Niger“, berichtet Arne Perras, Auslandskorrespondent der Süddeutschen Zeitung. „Internationale Konzerne verdienen Milliarden, den Menschen im Land bleiben nur Gift - und Gewalt“.
Bilder von Fotografen aus der betroffenen Region bezeugen ökologische und soziale Tragödien. Internationale Pressefotografen lassen Szenen von schlimmen Folgen der Ölproduktion im Nigerdelta vor unseren Augen ablaufen. Die Fotografien der Ausstellung machen Verschwiegenes sichtbar und bringen politische Inhalte in den künstlerischen Diskurs ein. Sie lassen keinen Zweifel an der Not der Menschen im Nigerdelta. Die Schwierigkeit, dort ein würdiges Leben zu führen, wird dem Betrachter begreiflich. Er bekommt direkten Einblick in die Ölproduktionsbedingungen vor Ort und wird Zeuge des Dilemmas in der Delta-Region. Dort müssen die Menschen zwar vielfach ohne Strom im eigenen Haus auskommen, sind der zerstörenden Wucht unkontrollierter Pipeline-Explosionen aber immer wieder ausgesetzt.
Die Bevölkerung hat gelernt, mit der alltäglichen Katastrophe zu leben. Ihr häusliches Umfeld steht in der Ausstellung in spannungsgeladener Beziehung zu mediengerecht inszenierten Bildern. Tatsächlich entstanden alle diese Fotos, um aufzurütteln und Aufmerksamkeit zu erregen. Gleichzeitig finden sie aber wegen ihrer formalen und ästhetischen Qualitäten Eingang in die internationale Kunstwelt.
Der documenta XII-Künstler George Osodi ist in der Ausstellung ebenso vertreten wie die international renommierten Fotografen Tim Hetherington (†), Ed Kashi, Chris Hondros, Kadir van Lohuizen und der auch als Mitkurator beteiligte Akintunde Akinleye. Weitere Fotografien stammen von Pius Utomi Ekpei, George Esiri, Jane Hahn, Uche James Iroha, Michael Kamber, Sunday Ohwo, Jacob Silberberg, Sven Torfinn und Timipre Willis-Amah.
Ergänzt werden die Fotografien über das Nigerdelta durch Objekte und „traditionelle“ Kunstwerke aus dieser Region. Sie entstammen der Afrika-Sammlung des Staatlichen Museums für Völkerkunde München. In der Ausstellung stehen sie nicht nur als Meisterwerke traditioneller nigerianischer Bildhauer, sondern auch als mahnende Zeichen aus einer Welt, die rücksichtslos wirtschaftlichen Interessen geopfert wird.