08.02.2008 - 06.04.2008
Der heute 87-jährige Hans Josephsohn ist bei weitem kein Unbekannter, aber er ist ein Künstler, den es noch zu entdecken gilt. Das mag seinen Grund darin haben, dass das Werk wie ein Monolith in der Kunstentwicklung seiner Zeit steht. Niemals hat er an den atemlosen und sich überstürzenden Moden teilgenommen, ängstliches Schielen nach dem Marktgeschehen ist ihm so fremd wie eine theoretische Überhöhung seiner Arbeit. Mit Gelassenheit und Beharrlichkeit hat er konsequent ein Oeuvre geschaffen, das in der Kunstgeschichte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nichts Vergleichbares hat. Und so verwundert es nicht, dass sein Werk, allein aus seinem künstlerischen Prozess heraus bestimmt, von jüngeren Künstlern geschätzt und bewundert wird.
Hans Josephsohn wurde 1920 in Königsberg geboren. Nach seinem Abitur ging er nach Italien, besuchte in Florenz eine Kunstschule und floh 1938 in die Schweiz. Seit dieser Zeit lebt und arbeitet er in Zürich.
Das Werk von Hans Josephsohn ist ganz der menschlichen Figur, dem klassischen Thema der Plastik, gewidmet: als Stehende, Liegende, als Portrait oder Halbfigur und, in den Reliefs, als Figuren in Beziehung zueinander. Die Werkschau
im MMK beginnt mit Portraits der 50er Jahre und Figuren, die wie archaisch reduzierte Stelen anmuten. In immer neuen Anläufen und Variationen gewinnen die Formen im Laufe der
Zeit zunehmend an Volumen. In seinen späten Halbfiguren sind kaum mehr die Merkmale des wie Augen, Nase und Mund
auszumachen.
Das bevorzugte Arbeitsmaterial Josephsohns ist
Gips. Mit ihm lassen sich seine Vorstellungen am besten realisieren. Es ist einfach zu handhaben und sehr flexibel. »Es ist so ein Mittelding zwischen Modellieren und Steinbearbeiten. Ich habe wahrscheinlich nicht das Temperament, um eine halbe Stunde vor dem Stein zu sitzen und zu sehen, ob man noch ein bisschen wegschlagen soll. Das ist nicht mein Temperament. Mit Gips kann ich drauflos machen und es wegschlagen. Und wenn es dann kaputt ist, gehÂ’ ich am nächsten Tag wieder hin und setze etwas hinzu.« Der Übersetzungsprozess vom lebenden Modell zur ersten plastischen Skizze, zur großen Gipsfigur und schlussendlich zum Metallguss verwandelt die individuellen Besonderheiten hin zum Allgemeinen.
Ausstellung im MMK Museum für Moderne Kunst und der Katalog entstanden in Zusammenarbeit mit dem Kesselhaus Josephsohn im Sitterwerk bei St. Gallen, in dem in stetigem Wechsel Gipsmodelle und Metallgüsse zu sehen sind.