Im Depot des Kunstgewerbemuseums in Schloss Pillnitz liegt seit 125 Jahren ein außerhalb der Sammlung nie bekannt gewordener und nie gezeigter Schatz japanischer Handwerkskunst. In 92 Kassetten lagern über 15.000 Färbeschablonen für den Textildruck – Katagami genannt. Damit besitzt Dresden den weltgrößten Bestand an Katagami-Mustern, aus dem nun erstmals eine Auswahl von 140 der in einem langwierigen Verfahren aus der Maulbeerbaumrinde handgeschöpften und in feinster Schneidearbeit gestochenen Blätter ausgestellt wird.
Katagami, traditionelle Druckvorlagen vor allem für Kimonostoffe, zeigen neben geometrischen Ornamenten auch Muster und Motive, die in virtuoser Abstraktion Elemente der Natur repräsentieren. Aus den zahlreichen Motiven der Sammlung im Kunstgewerbemuseum wurden diejenigen ausgewählt, die sich der Darstellung des Regens widmen, der in dem Monsunwinden ausgesetzten und auf Reisanbau angewiesenen Land eine bedeutende spirituelle und kulturelle Rolle spielt. Das gleichförmige Fallen winziger Tropfen scheint sich auch in der ästhetischen Logik der Gestaltung der repetitiven Strukturen der Druckrapporte widerzuspiegeln, die umso feiner sind, je mehr die mit ihnen hergestellten Stoffe repräsentativer und zeremonieller Nutzung des Adelsstandes der Samurai zugedacht waren.
Als im 19. Jahrhundert die ersten Katagami-Drucke nach Europa kamen, hatte die hochentwickelte Kunst des japanischen Musterdekors starken Einfluss auf die westliche Ornamentik in Kunst, Kunsthandwerk und dem entstehenden Industriedesign. Heute spielt die Technik des Stencils in der Graffiti oder Street-Art, etwa bei Banksy, der sie erneut zu großer Komplexität entwickelt hat, wieder eine große Rolle.
Zur Atmosphäre der Ausstellung im Elbflügel des Japanischen Palais gehört eine mit dem italienischen Elektronikmusiker Renato Rinaldi entwickelte Sound-Installation, in der ein zufallsgesteuertes Programm das Geräusch fallenden Regens moduliert. Am Beispiel einiger historischer Kimonos werden die Erzeugnisse der mit Katagami-Schablonen verfahrenden und ob ihres enormen Arbeitsaufwandes mittlerweile fast ganz verschwundenen Katazome-Technik demonstriert.