18.03.2007 - 15.07.2007
Ferdinand Brütt (1849 - 1936) leistete mit seinen Genre und Landschaftsdarstellungen einen wichtigen Beitrag zur deutschen Malerei um 1900.
In seinen Genrebildern blickte Brütt humorvoll oder ernst auf seine Zeitgenossen und schilderte in lebendig erzählten Alltagsszenen die bürgerliche Welt um 1900. Seine Landschaftsdarstellungen geben in impressionistischer Malweise die luftige Atmosphäre seiner Kronberger Wahlheimat wieder.
Mit 107 Gemälden, Studien und Zeichnungen bietet diese erste große Retrospektive seit dem Tod des Künstlers einen umfassenden Einblick in Brütts Schaffen, das durch malerische Brillanz ebenso wie durch seine narrative Lebendigkeit fasziniert.
Seine künstlerische Ausbildung erhielt der in Hamburg geborene Brütt an der großherzoglichen Kunstschule in Weimar unter den Historienmalern Ferdinand Pauwels und Albert Baur.
Von 1876 bis 1898 arbeitete er in Düsseldorf, wo die deutsche Genremalerei im 19. Jahrhundert mit Künstlern wie Johann Peter Hasenclever, Ludwig Knaus und Ben Vautier ihre größte Blüte erlebt hatte. Brütt knüpfte an diese Tradition an, modernisierte die meist ländlich-anekdotische Malerei der "Düsseldorfer Malerschule" jedoch mit zeitgenössischen, städtischen Themen: Den kleinstädtischen Marktplatz löste die hektische Börse ab, die einfache Wirtshausszene wandelte sich zum mondänen Salon, das unterhaltsame Jahrmarktstheater ersetzte der bildungsbürgerliche Museumsbesuch.
Brütts Genrebilder sind dramatische Darstellungen von Gerichtsverhandlungen, sie geben ein Bild vom Wirtschaftsleben im Kaiserreich, wie es sich in Bahnhofshallen, an der Börse oder in Aufsichtsratssitzungen zeigte, oder blicken auf das großbürgerliche Gesellschaftsleben, das Brütt auf dem Tennisplatz oder im Salon beobachtete. Auf den Bürger im Umgang mit der Kunst warf Brütt in einer Reihe von Atelier oder Galerieszenen einen humoristischen Blick.
Seine Hauptwerke der 1880er und 1890er Jahre führte Brütt in einer akademischen, detaillierten Malweise aus. Sie waren auf den großen nationalen und internationalen Ausstellungen zu sehen und wurden in qualitätvollen, großformatigen Drucken reproduziert. Gleichzeitig zu seinen Hauptwerken schuf er mit freier und dynamischer Pinselführung skizzenhafte Versionen und Wiederholungen seiner repräsentativen Ateliergemälde. Damit entwickelte er eine moderne Malweise, die sich um 1900 auch in seinem gesamten Schaffen durchsetzte.
Nach 22 Jahren verließ Brütt Düsseldorf aus gesundheitlichen Gründen und ließ sich 1898 in Kronberg i. T. nieder. Im Einklang mit seiner lockeren, impressionistischen Malweise reduzierte er auch das Erzählerische seiner Genreszenen auf pointierte Momentaufnahmen. Die Freilichtmalerei der Kronberger Malerkolonie gab ihm dabei entscheidende Impulse: Seine Palette hellte sich deutlich auf und sein Kolorit erstrahlte in einem breiten Spektrum. Thematisch widmete er sich vermehrt Szenen des großbürgerlichen Gesellschaftslebens, wie er es im Opernfoyer, im Kasino oder auf dem Tennisplatz beobachten konnte. Landschaftsimpressionen nahmen nun einen wichtigen Platz in seinem Schaffen ein. So malte er Ansichten seines Kronberger Gartens, des Parks von Schloß Friedrichshof und der umgebenen Taunuslandschaft.
1906 erhielt Ferdinand Brütt den Auftrag zur malerischen Gestaltung des neuen Bürgersaals im Frankfurter Rathaus. Hier brachte der Genre- und Landschaftsmaler sein ganzes Können als Figurendarsteller in die Historien- und Monumentalmalerei ein.
Die neun "Bilder aus der Geschichte des neuen deutschen Reiches", 1912 fertiggestellt, gingen im Zweiten Weltkrieg verloren. Doch gelingt der Ausstellung mit den erhaltenen Farbstudien und historischen Schwarzweißphotographien eine informative Dokumentation und anschauliche Rekonstruktion dieser öffentlichen Auftragsarbeit.