Vom 15. Februar bis zum 10. Mai 2015 zeigen die Kunstsammlungen Chemnitz – Museum Gunzenhauser bedeutende Werke von Ernst Ludwig Kirchner, der seine Kindheit und Jugend in Chemnitz verbrachte. Die Kunstsammlungen Chemnitz sind dank der Stiftung Dr. Alfred Gunzenhauser und großzügiger Leihgaben und Schenkungen im Besitz von 73 Werken aus den Jahren 1904 bis 1929.
67 Werke zeigt das Museum Gunzenhauser am Falkeplatz, 6 Werke das Museum am Theaterplatz. Zu sehen sind Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen und über 50 Druckgrafiken. Anhand der Präsentation lässt sich in eindrucksvoller Weise die Entwicklung von Ernst Ludwig Kirchners künstlerischem Œuvre nachvollziehen. Die Ausstellung zeigt die ersten Holzschnitte, Werke aus der Zeit der Künstlergruppe Brücke in Dresden und Berlin, der Sommerausflüge nach Moritzburg und Fehmarn und alpine Motive der Davoser Zeit. Thematisch reichen die Darstellungen von Akten und Porträts über Stadt- und Architekturdarstellungen bis hin zu Tanz- und Naturerlebnissen.
Das Fundament von Ernst Ludwig Kirchners künstlerischem Schaffen wurde in Chemnitz gelegt. Seine Familie zog 1890 nach Chemnitz, wo der Vater zunächst eine Direktorenstelle in der Maschinenfabrik C. G. Haubold antrat und später einen Lehrauftrag für Papierfabrikation an den Technischen Staatslehranstalten innehatte. Beide Eltern lebten bis zu ihrem Tod in der Stadt. Der Vater starb 1921 und wurde auf dem Chemnitzer Nikolaifriedhof beigesetzt. Die Mutter starb 1928.
Ernst Ludwig Kirchner besuchte zunächst, wie auch der jüngere Karl Schmidt aus Rottluff bei Chemnitz, das Königliche Gymnasium auf dem Kaßberg und wechselte 1894 an das Realgymnasium in der Reitbahnstraße, auf das auch Erich Heckel ging. Hier besuchte Kirchner den Kunstunterricht bei Max Rudolph Fischer, der durch das reine Kopieren von Vorbildern die handwerklichen Fähigkeiten der Schüler zu fördern suchte und fundamentale künstlerische Techniken vermittelte.
Während seines Architekturstudiums in Dresden schloss Kirchner Freundschaft mit Fritz Bleyl aus Zwickau, Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff. Am 7. Juni 1905 gründeten die vier Freunde die heute weltbekannte Künstlergemeinschaft Brücke.
Nach Kirchners Weggang aus Chemnitz, zog es ihn immer wieder in die Stadt. Im September 1909 nahm er an einer Eröffnungsausstellung der Kunstsammlungen Chemnitz im Neubau am Theaterplatz teil, an der er wie die anderen Brücke-Künstler beteiligt war. Bereits lange Jahre in der Schweiz sesshaft, besuchte er 1925/26 seine Mutter in Chemnitz. In den Kunstsammlungen Chemnitz traf er deren Direktor Friedrich Schreiber-Weigand (1879–1953), der gerade eine Sammlungspräsentation Galerie der Moderne einrichtete. Während einer Abendgesellschaft in der von Henry van de Velde erbauten Villa des Fabrikanten Herbert Esche (1874–1962) begegnete Kirchner nach Jahren wieder Schmidt-Rottluff. Beeindruckt vom Blick auf die Stadt Chemnitz, begann er Skizzen anzufertigen. Nach seiner Rückkehr in die Schweiz vollendete Kirchner die winterliche Stadtansicht Chemnitzer Fabriken (1926).
1937 wurden in deutschen Museen 639 seiner Werke beschlagnahmt. Allein die Kunstsammlungen Chemnitz haben heute noch einen Verlust von 31 Werken zu verzeichnen. 25 seiner Gemälde wurden in der Münchner Ausstellung Entartete Kunst diffamierend zur Schau gestellt. Heute gehört Ernst Ludwig Kirchner unbestritten zu den bedeutendsten Künstlern des 20. Jahrhunderts.
Die Ausstellung Ernst Ludwig Kirchner in den Kunstsammlungen Chemnitz bildet den Auftakt einer Würdigung der großen Expressionisten, die ihre Kindheit und Jugend in Chemnitz verbrachten und deren Werke sich zahlreich im Bestand der Kunstsammlungen Chemnitz befinden. Vom 22. November 2015 bis zum 3. April 2016 folgt im Museum am Theaterplatz eine umfangreiche Schau mit etwa 500 Werken (Grafiken und Gemälde) von Karl Schmidt-Rottluff. Das Museum Gunzenhauser zeigt vom 13. Dezember 2015 bis zum 24. April 2016 circa 120 Werke Erich Heckels. Erstmalig werden in diesem Rahmen alle Werke dieser Künstler aus dem Bestand der Kunstsammlungen Chemnitz vollständig publiziert.