11.09.2010 - 21.11.2010
Das museum kunst palast, Düsseldorf, widmet Nam June Paik (*Seoul 1932, gest. Miami 2006), dem Begründer der Video- und Medienkunst, in Zusammenarbeit mit der Tate Liverpool eine umfangreiche Retrospektive. Mit zahlreichen Leihgaben aus internationalen öffentlichen und privaten Sammlungen wird die Ausstellung erstmals deutsche, anglo-amerikanische und koreanische Forschung zum Werk von Paik zusammenführen und einen umfassenden Überblick zu den wesentlichen Entwicklungen dieses außergewöhnlichen und einflussreichen Künstlers des 20. und 21. Jahrhunderts geben.
Die Schau
Das Spektrum der einzigartigen Werkschau reicht von der Musik über die (Fluxus-) Aktion und Performance hin zu den medialen Arbeiten: Dabei stehen sich "materialisierte" Werke – wie die aufwändigen Installationen der 1970er, 1980er und 1990er Jahre –, Videoarbeiten sowie Partituren, (Fluxus-) Konzepte und Handschriften der 1950er und 1960er Jahre als geistige Sprengsätze gegenüber.
Gezeigt werden über 30 große skulpturale Werke, darunter zum ersten Mal in Deutschland die Installation Laser Cone, 1998, aus der letzten Schaffensperiode von Paik, in der er die Technik des Lasers weiterentwickelte und in seine Arbeit hineinnahm. Weitere Highlights der Ausstellung sind V-yramid, 1982, Egg Grows, 1984, One Candle, 1989, und Internet Dream, 1994. Ebenfalls zum ersten Mal wird innerhalb einer Ausstellung eine große Gruppe der berühmten TV Buddhas präsentiert.
Zeitdokumente
Des Weiteren werden graphische Werke wie eine große Anzahl von Handzeichnungen in der Ausstellung zu sehen sein. Anhand zahlreicher Dokumente, wie Fotos, Briefe, Texte und andere Handschriften, wird den Besuchern zudem die Gelegenheit gegeben, die Arbeits- und Denkweise Paiks kennenzulernen.
Paik und das Rheinland
Der engen Verbundenheit des Künstlers mit Düsseldorf und dem Rheinland wird in der Ausstellung als besonderem Forschungsschwerpunkt Rechnung getragen. Denn hier entwickelte Paik sich in den Jahren 1958-63 vom Komponisten und Musiker, der die Szene mit dramatischer Aktions- und "Anti-Musik" aufwirbelte, hin zum „Vater“ der Videokunst. Von 1979-1995 lehrte Paik als Professor an der Düsseldorfer Kunstakademie .
Paik und das Künstlerumfeld
Dass Paiks Werk auch aus intensiver Kooperation mit anderen Künstlern heraus zu begreifen ist, verdeutlicht besonders jener Werk- und Dokumenten-Komplex, der Paik und seiner Muse – der legendären Musikerin und Aktionskünstlerin – Charlotte Moorman gewidmet ist, sowie jener, der Paik im Gruppenkontext von Fluxus zeigt: Im Rahmen von Fluxus, dem internationalen Sammelbecken progressiver künstlerischer Kräfte im Zwischenbereich von Musik, Theater, Literatur und bildender Kunst, spielte Paik bis Mitte der 1960er Jahre nicht nur als Mit-Akteur, sondern auch als Organisator, Co-Regisseur von Fluxus-Gründer George Maciunas und als Kommunikator eine zentrale Rolle. Auch Paiks lebenslange Verbundenheit mit Joseph Beuys, mit dem er einige beeindruckende Konzerte/Aktionen aufführte, geht auf jene frühe Fluxus-Zeit zurück: Seit dem, im Februar 1963 in der Düsseldorfer Kunstakademie aufgeführten, Festum Fluxorum Fluxus waren beide Künstler – zwei Schamanen des 20. Jahrhunderts – freundschaftlich und künstlerisch eng verbunden.
"Kunst als permanentes Experiment"
Paik verband in seiner Arbeit scheinbar paradoxe Phänomene. Er hat die Grenzen der Kunst auf vielen verschiedenen Ebenen verschoben, durchbrochen und nach Mary Bauermeister, Weggefährtin der frühen Jahre, mit seiner Arbeit immer wieder „neue Bewusstseinszustände“ initiiert. Kunst als permanentes Experiment, als Collage heterogener Stränge, die gesellschaftliche, politische, technologische und ökonomische Prozesse hinterfragt, stand bei Paik stets im Zentrum.
„Auf wie vielen Ebenen sich kritisches Bewusstsein materialisieren kann, machte Paik in jedem seiner Werke deutlich – unabhängig davon, ob es sich hier um Musik, (Fluxus)-Aktion, Performance, Video, Skulptur oder Zeichnung handelte. Existentiellen Fragen ging der – in Tokio, München, Freiburg und am Studio für Elektronische Musik des WDR in Köln – ausgebildete/experimentierende Musiker und Komponist, der auch Philosophie und Kunstgeschichte studiert hatte, mit Ironie, Humor, intellektueller Schärfe und akademischer Gründlichkeit nach.“ (Dr. Susanne Rennert)