Das Museum Wiesbaden und das Brücke-Museum Berlin, das die weltweit bedeutendste Sammlung zum Werk des Künstlers beherbergt, erarbeiten in enger Kooperation mit der Karl und Emy Schmidt-Rottluff-Stiftung die Ausstellung „Karl Schmidt-Rottluff – Bild und Selbstbild" mit Werken des Malers und seiner berühmten Weggefährten wie Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner, Otto Mueller oder Emil Nolde, die ebenfalls mit Selbstbildnissen vertreten sind.
Karl Schmidt-Rottluff (1884–1976) ist das Gründungsmitglied der Dresdner Künstlervereinigung „Die Brücke", das sich am häufigsten selbst porträtiert hat. Ausgangspunkt sind daher auch die etwa 70 Selbstporträts des Künstlers (Gemälde, Zeichnung, Druckgrafik). Rhythmisiert wird die Präsentation durch die unterschiedlichen Phasen, in welchen Schmidt-Rottluff seine eigene Person in Bezug zu seiner Malerei thematisierte. Nach zwei wichtigen Selbstbildnissen der „Brücke"-Zeit sind insbesondere die Zwischenkriegsjahre von 1919 bis 1930 dokumentiert. Während des Nationalsozialismus schuf Schmidt-Rottluff, der nicht nur Berufsverbot, sondern auch als vom politischen System angefeindeter Expressionist 1937 auf der Schandausstellung „Entartete Kunst" in München mit über 50 Werken vertreten war, bemerkenswerter Weise nur ein einziges Selbstbildnis. In diesen Jahren entstand demgegenüber eine Vielzahl von Darstellungen, die metaphorisch jenen von ihm im Nachhinein als „dunkle Jahre" bezeichneten Lebensabschnitt kommentieren. Schmidt-Rottluff malte beengte Innenräume, die diese eingeschränkte Situation eindringlich vor Augen führen, und schuf damit spannungsreiche „Selbstbildnisse ohne Selbst".
Als ein weiterer Aspekt in der Ausstellung werden jene Bildnisse in den Blick genommen, die wichtige Personen im Leben des Künstlers darstellen. Besonders nahe standen ihm neben seiner Frau Emy der Maler Lyonel Feininger, die Kunsthistoriker Rosa Schapire und Wilhelm Niemeyer sowie die Förderin Hanna Bekker vom Rath. Letztere hatte Schmidt-Rottluff das Weiterarbeiten nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Hofheim am Taunus in ihrem „Blauen Haus" ermöglicht. 1974 legte Hanna Bekker, die als Schmidt-Rottluffs langjährige Mäzenin eine der wenigen Personen war, die einen allumfassenden Einblick in sein Schaffen hatte, in einer Kabinettausstellung das erste und bis heute einzige Mal den Fokus auf seine Selbstbildnisse.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wird die Leuchtkraft der Farben im Werk von Schmidt-Rottluff enorm gesteigert. Sie gewinnt an Energie und Klarheit. Dass sich der Künstler in jenen Jahren als reiner Farbmaler verstand, verdeutlichen diejenigen Bilder, in welchen er uns seine Palette, Staffelei und Pinsel in leuchtenden Farben vorführt und sich selbst als stillen Herrscher seines Reichs im Künstleratelier präsentiert.