25.04.2008 - 01.06.2008
Bericht des Leipziger Illustrators Thomas Müller zur Entstehungsgeschichte:
Die Idee zu diesem Buch kam mir tatsächlich nach einem Waldspaziergang. Ich versuchte mir vorzustellen, wie man den Eindruck dieser Wanderung in einem Bilderbuch festhalten könnte. Zu Hause machte ich eine erste kleine Skizze, und in den nächsten Tagen begleitete mich die Idee in Gedanken. Ich stellte mir vor, ich lasse ähnlich wie bei einem Kameraschwenk meinen Blick durch den Wald streifen. Die Bilder sollten ineinander fließen – ein Panoramabild, das sich fortsetzt, indem man die Seiten des Buches umblättert. Um den Bilderfluss nicht zu stören, stellte ich mir das Ganze unkommentiert und ohne Begleittext vor. Für ein Buch dieser Art war es aber notwendig, die Tiere und Pflanzen zu benennen. Deshalb wollte ich einen zweiten Teil anfügen, in dem das Panorama noch einmal verkleinert abläuft und alle Artennamen nachzulesen sind. Damit dies nicht nur eine Wiederholung des ersten Teils würde, bot es sich an, interessante Tiere und Pflanzen herauszugreifen und näher auf sie einzugehen.
Inzwischen hatte ich meine Idee einem Verlag unterbreitet und war auf Interesse gestoßen. Ich fertigte eine detaillierte Skizze an, wir sprachen über die Bedingungen und wurden handelseinig. Nach Abschluss des Vertrages ging ich an die Arbeit.
Nachdem ich eine vorläufige Liste der im Buch auftauchenden Tiere und Pflanzen zusammengestellt hatte, ging ich an die Vorzeichnung 1:1. Ich musste ein paar Entscheidungen treffen, so etwa, zu welcher Jahreszeit „Der Waldspaziergang“ stattfinden sollte. Ich entschied mich für den Frühsommer, weil es da am interessantesten im Wald ist und ich ja möglichst viel vom Leben im Wald zeigen wollte. Andererseits wollte ich die Bilder nicht überladen, denn der Eindruck eines Spaziergangs mit zufälligen Begegnungen sollte erhalten bleiben. Das ist ein Widerspruch, denn auf den Bildern sind immer noch viel mehr Tiere zu sehen, als man bei einem wirklichen Waldspaziergang sieht. Man müsste schon mehrere Male in den Wald gehen – und dann auch noch großes Glück haben – um all dem zu begegnen, was im Buch abgebildet ist. Aber dafür ist es ein Buch, das die Wirklichkeit nachstellt und nicht ersetzt. Der Wald ist in gewisser Weise idealisiert. Das betrifft auch die Darstellungen der Pflanzen und Tiere. Sie sollen natärlich wirken, gleichzeitig aber gut zur Geltung kommen. Es ist immer eine ästhetische Entscheidung, wie man Tiere darstellt. Für mich sind zum Beispiel die Abbildungen in alten Schulbüchern vorbildlich in ihrer Sorgfalt und ihrer Liebe zum Detail. Als Vorlagen für meine Arbeit dienten mir Bücher, Fotografien – und auch Präparate.
Nachdem ich das ganze Buch durchskizziert hatte, begann ich mit der Arbeit an den Abbildungen. Auf einem Lichttisch pauste ich die skizzierte Zeichnung auf das Originalblatt. Dann begann ich mit Aquarell- und Deckfarben das eigentliche Bild zu malen. Immer wieder änderte ich kleine Szenen, fügte etwas hinzu oder stellte fest, dass mir irgendetwas fehlte. Dann musste ich mir etwa das Bild eines bestimmten Vogels beschaffen oder in den Wald fahren, um ein Detail zu fotografieren.
Schließlich merkte ich, dass ich zu wenig Zeit für das Buch eingeplant, den Arbeitsaufwand unterschätzt hatte. Der Verlag zeigte Verständnis, und wir verschoben das Einscheinen des Buches um ein halbes Jahr. An den Abbildungen – ohne Text und Vorbereitungen – arbeitete ich schließlich fünf Monate. Das Buch erschien im Frühjahr 2007.