18.11.2007 - 30.03.2008
Die alten Friedhöfe, damals noch am Rand der Stadt angelegt, sind in den Jahrhunderten von ihr eingeholt worden; sie liegen heute inmitten des Häusermeeres, umbrandet vom städtischen Verkehr.
So sind die einstmals abgelegenen Orte der Toten heute zu Refugien geworden, zu Rückzugsorten für Mensch und Tier, Orte der Stille, LEBENSORTE. Die Unheimlichkeit des Todes schützt hier die Heimlichkeit noch verborgenen Lebens.
Ein Meisenpaar baut sein Nest in eine von Jahren und Frost zersprungene Grabstele. Im angewinkelten Ellenbogen einer Trauernden brütet der Grauschnäpper. Mäuse rappeln unter einer der wackligen Grabplatten, und aus der Augenhöhle des dunklen bronzenen Gesichts wird ein Schmetterling geboren.
Im Frühjahr führen kundige Ornithologen des morgens die staunenden Städter über den Südfriedhof Leipzigs, junge Mütter und Väter schieben ihre Kinderwagen die schattigen Alleen auf und ab, und noch die letzten eiligen Besucher mit Harke und Gießkanne, rührt der Gesang der Nachtigall.
Rosemarie Fret fotografierte im Auftrag des Neuen Leipziger Kunstvereins die kulturhistorisch wie künstlerisch herausragenden Grabmale. In ihren Prosatexten erzählt sie nicht nur von dieser Arbeit, welche sich über verschiedene Jahreszeiten hinzog, sondern auch aus eigenen Lebensmomenten und macht auf vergessene Bräuche aufmerksam.