26.02.2008 - 23.04.2008
In der aktuellen Ausstellung des Tietz dreht sich alles um das besondere Buch. Gezeigt werden wertvolle mittelalterliche Handschriften, Drucke und Inkunabeln aus dem Bestand der Stadtbibliothek und zeitgenössische Künstlerbücher, Leporellos und Buchobjekte. Die Doppelausstellung bietet die seltene Gelegenheit, unterschiedlichste Materialien und Techniken der Buchherstellung von gestern und heute am Original zu bewundern. Im Depot der Stadtbibliothek lagern Handschriften und Drucke aus mehreren Jahrhunderten. Darunter prachtvolle Bibeln und theologische Werke, wissenschaftliche Abhandlungen und Kuriositäten wie zum Beispiel ein Raubdruck der berühmten „Schedelschen Weltchronik“.
Die Ausstellung der zeitgenössischen Künstlerbücher steckt am Werk von acht Künstlerinnen und Künstlern (Andreas Dress, Tina Flau, Bettina Haller, Stefan Knechtel, Hans-Henning Paul, Katrin Stangl, Klaus Süß, Olaf Wegewitz) ein breites Spektrum aktueller Produktion ab. Für die Ausstellung mit den Inkunabeln und Handschriften der Stadtbibliothek wollten wir erkunden, wie Künstler heute mit Illustrationsaufgaben umgehen, wie sie die illuminierten Drucke der frühen Neuzeit kennzeichnen. In Anlehnung an die alten Auftraggeber haben wir einen bereits gesetzten und auf Bögen gedruckten Text an die Künstler ausgegeben, mit der Bitte, diesen zu einem Künstlerbuch zu verarbeiten. Als textliche Grundlage ausgewählt wurde eine der frühen Erzählungen Wolfgang Hilbigs, „Aufbrüche“ von 1968. An die hier reproduzierten Auftragsarbeiten richtete sich die fragende Erwartung, wie künstlerisches Selbstverständnis und Arbeitstechniken der frühen Neuzeit ein modernes Äquivalent finden können. Wie würde sich das Verhältnis maschineller und individueller Arbeitsanteile heute darstellen, da es jeden Text schon in diversen Formen vorliegend gibt? Ist die durchgängige Lesbarkeit, die bleibende Geschlossenheit des Textes, ein Konsens? Gibt der Text den Rhythmus des Buches vor oder wird er in ein großes Bildwerk eingegliedert? Wie selbständig artikuliert sich das Bildnerische neben dem Wort? Gibt der nichtkanonische Text der individuellen Ausdrucksform besondere Gelegenheiten? Wie sehr findet die Produktion nur eines Einzelstücks in der Form Niederschlag?
Das Katalogbuch zur Ausstellung will einen Eindruck von den Originalen geben, ihre räumliche und materiale, schwer reproduzierbare Präsenz spiegeln und zugleich, ähnlich einem Faksimile, durch sein großes Format Gelegenheit geben, den Ideen der Künstlerinnen und Künstler wie des Autors en detail folgen zu können.