Residenzschloss Dresden

Eine der ältesten Formen chinesischer Spiritualität erweist sich als lebendiger Brauch, der überall in der Kultur Chinas praktiziert wird: Brandopfer papierener Nachbildungen von Geld und Gütern, die mit dem Verbrennen Ahnen, Göttern und Geistern übergeben werden, um sie günstig zu stimmen. Diese Papiermodelle haben sich jüngst von der Nachahmung traditioneller Erzeugnisse gewandelt zu Abbildungen der Produkte des westlichen Waren-hauses. Es entstand eine Gegenwelt aus Papier, in der heute alle globalisierten Fetische des Markenkonsums, Gucci-Taschen, Prada-Schuhe, Mobiltelephone, aber auch Heineken-Bierdosen und lebensgroße Autos dem Feuer übergeben werden, um sie den Ahnen zu widmen.
Ein Supermarket of the Dead in der Festetage im Dresdener Residenzschloss zeigt diesen so vertrauten wie verfremdeten Warenberg. Sein Anblick gewährt wesentliche Ein-sichten: Man erkennt die weltweite Verbindlichkeit der westlichen Verehrung von Markennamen. Man sieht, wie schnell sich die chinesische Gesellschaft an einer globalen Ordnung der Bedürfnisse ausgerichtet hat und sie mit einem fast zweitausend Jahre alten Kult verknüpft. Und man wird hingewiesen auf den quasi-sakralen Fetischismus im Konsum von Markenprodukten, deren Nutzen nicht im Gebrauch, sondern in der Teilhabe an einem System von Bedeutung besteht – einem magischen Verhältnis also. Brandopfer und Markengeltung eint die Logik der Repräsentationsmagie, in der man seinen Zwecken nurmehr stellvertretend im Bild genügt.