Der Nukleus von Nora Turatos Werken liegt in der Verwendung von Sprache. In ihren Videos, skulpturalen Installationen, Künstler*innenbüchern, Wandgemälden und Spoken Words Per- formances überlagert sie phonetische, semantische sowie bildliche Qualitäten von Sprache.
Aus dem alltäglichen Tohuwabohu des Informationsflusses aus Presseartikeln, Chatverläufen, Untertiteln und Werbebotschaften entnimmt Nora Turato Satzfragmente und verdichtet diese zu einem konzentrierten, sprachlich-visuellen Geflecht. Was die Künstlerin tagtäglich umspült, fließt auch in ihre Arbeit ein. In diesem Verfahren ist sie demokratisch. Gleichermaßen können politische Aussagen wie auch Kardashian-Zitate in ihr Konglomerat eingebettet werden. Die entstehende Parallelität reflektiert ein Netzwerk aus sozialen Beziehungen, Vermarktungsstrategien, Konsumhaltungen und ihrer eigenen Subjektivität. Neben dem gezielten Einsatz und Umgang mit Typographiekonnotationen, verwendet Turato auch ihre Handschrift als maßgebende typographische Formel. Dieses Konzept spielt mit der romantischen Idee der Autorenschaft der Künstlerin sowie mit den schriftlichen Überarbeitungsspuren in Vorbereitung auf ihre Performances. Die Handschrift bildet ein persönliches, visuelles Signum, welches im digitalen Schriftverkehr zu verschwinden droht.
Nora Turato kanalisiert die Auswürfe unserer Smartphones, wobei sie die Flüchtigkeit von Inhalten nachvollziehbar macht und die ursprüngliche Macht von Sprache und den Verlust dieser Fähigkeit akzentuiert. Sie porträtiert ein Zeitalter, in dem Sprache von ihrer informativen Funktion zum deformativen Getöse geworden ist - basierend auf einem Pool aus Wortfragmenten.
„Jeder Pool spiegelt nicht nur das kulturelle Klima und die Ereignisse auf der Welt wider, sondern auch, mit wem ich interagiere und wie ich meine Zeit verbringe.“ (Nora Turato)
Nora Turato wurde 1991 in Zagreb geboren und lebt und arbeitet in Amsterdam. Sie studierte an der Gerrit Rietveld Academie in Amsterdam, gefolgt von einem Master an der 'Werkplaats Typografie' in Arnheim. Von 2017-2019 war sie Stipendiatin an der Rijksakadmie van Beeldende Kunsten in Amsterdam. 2019 hatte sie Einzelausstellungen im Kunstmuseum Liechtenstein und in der Beursschouwburg in Brüssel. Nach Turatos Einzelausstellung in der Sammlung Philara im Jahr 2020 werden Solopräsentationen im Centre Pompidou in Paris und im MGLC in Ljubljana folgen.