15.07.2009 - 13.09.2009
85 Jahre Stadt und Land - Wohnen macht Geschichte lautet der Titel der neuen Ausstellung, die die Kulturstiftung Schloss Britz in Kooperation mit der Stadt und Land Wohnbauten - GesellschaftmbH präsentiert.
Zur Einstimmung können die Besucherinnen und Besucher zunächst den Ausstellungsrundgang in den historischen Räumen des Schlosses beginnen, in denen sie in die bürgerliche Wohnkultur der Gründerzeit eintauchen und das Wohngefühl des industriellen Großbürgertums des ausgehenden 19. Jahrhunderts anhand der ausgestellten Kunstobjekte und Einrichtungsgegenstände hautnah nachempfinden können. Im Anschluss an die historischen Räume eröffnet sich in den Räumen der Wechselausstellungen ein Wohnpanorama, das sowohl die Entwicklung des Immobilienkonzerns Stadt und Land von seiner Gründung im Jahr 1924 zu einem der wichtigsten sechs Wohungsbaugesellschaften der Metropole Berlin vor Augen führt, als auch das wohnliche Umfeld der Mieter im Wandel der Zeit thematisiert. In chronologischer Folge werden die einzelnen Dekaden mit einschneidenden historischen Ereignissen und
Entwicklungen sowie die großen Wohnungsbauprojekte der Stadt und Land vorgestellt. Der Berliner Bezirk Neukölln, der ja nur knapp vier Jahre vor der Gründung der Wohnungsbauten-Gesellschaft Stadt und Land
entstanden ist und erst Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts eine Bevölkerungsexplosion erlebt hatte, wurde und wird in seiner städtebaulichen Gestaltung und Geschichte vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg durch die Bauprojekte der Stadt und Land als einem der wichtigsten Bauherrn, die auch in anderen Westberliner Bezirken tätig ist, geprägt. Bereichert wird die Ausstellung durch Möbel, Designobjekte und Gebrauchsgegenstände, die die jeweiligen Einrichtungstrends von den 1920er Jahren bis heute repräsentieren. Viele Ausstellungsstücke weisen eine lange Wirkungsgeschichte auf: Der Stahlrohrstuhl, der als sogenannter Freischwinger von dem Bauhausmitglied Marcel Breuer schon in den 1920ern entworfen wurde und bis heute vor allem als typisches Esszimmertischmobiliar fortlebt, oder die *Diamant-Stühle*, die Diamond Chairs, die in den 1950er Jahren von Harry Bertoia und Charles Eames wiederbelebt wurden. Der Lounge Chair von Charles Eames 1956 entworfen, erscheint noch heute in den Wohnungen als zeitlose, edle Stil-Ikone. Gerade an diesen beispielhaften Stücken des *Hochdesigns* wird aber auch das Spannungsfeld deutlich, in dem sich nicht nur die Architektur sondern auch jeder Mieter bzw. Wohnungseigentümer in der Ausgestaltung und Ausstattung der eigenen vier Wände wiederfindet: Die eigenen persönlichen Vorstellungen und Ideen des *schöner Wohnens* mit denen des Zeitgeschmacks und vorgegebenen Designs zu vereinbaren. Manches Jahrzehnt wird dem Besucher nach dem Besuch missverstanden erscheinen. So stehen die 50er eben nicht allein für Nierentische und Kleinbürgerlichkeit, sondern sie gehören zu den kreativsten und auch wirkungsmächtigsten Designepochen des 20. Jahrhunderts überhaupt. Die BesucherInnen werden Kontinuitäten im Gestaltungswillen erkennen, die so vorher noch nicht für sie sichtbar waren. Manches wird ihnen bestens bekannt vorkommen, einiges überholt erscheinen, anderes zu recht oder unrecht vergessen sein, aber alles wird direkt in Beziehung mit dem aktuellen Lebensumfeld und der Wohnung und der Wohnerfahrung der BesucherInnen stehten.