12.05.2009 - 05.07.2009
Am 21. Juni 1919 versenkte sich die in der schottischen Bucht bei Scapa Flow internierte Kaiserliche Kriegsflotte. An diesem Tag gingen damit 74 Schlachtkreuzer, Linienschiffe und Torpedoboote unter, deren Fracks bis heute nicht gehoben sind. Der befehlshabende Konteradmiral Ludwig von Reuter war davon ausgegangen, daß seine Admiralität die Auslieferung der Flotte an den Feind prinzipiell ausgeschlossen wissen wollte, und entschied, die Kriegsschiffe durch Selbstversenkung vor einer Übergabe an die britische Marine zu retten.
Heute ist dieses Ereignis kaum noch im öffentlichen Bewußtsein präsent. Als denkwürdige Fußnote zum Ende des Ersten Weltkriegs wie auch als symbolischer Schlußpunkt preußischer Geschichte und im weiteren Sinne als Metapher für manche Episode der deutschen Geschichte scheint es jedoch aktueller denn je.
Der Maler und Graphiker Moritz Götze wird als einen Höhepunkt seiner Neuhardenberger Preußen-Ausstellung diese Selbstversenkung im Schlossteich inszenieren, eine großformatige Silhouetten-Installation der abgewrackten Kriegsschiffe gibt einen künstlerisch übersetzten Eindruck vom Ausmaß der Katastrophe dieser Selbstvernichtung. Moritz Götze ist bekannt für seine pointierte, mit Lust am Tabubruch inszenierte Persiflage nationaler Geschichtsmythen. Nach weithin beachteten modernen Historienbild-Zyklen, die der in Halle/Saale lebende Künstler zuletzt 2007 in einer großen Ausstellung im Saarland-Museum in Saarbrücken zeigte, macht Moritz Götze, Jahrgang 1964, nun in Neuhardenberg Station.
In der Ausstellungshalle und im Schlosspark von Neuhardenberg thematisiert er an diesem ziemlich preußischen Ort historische Verläufe, prominente Akteure, vergessene Szenerien und nachhaltige Legenden der preußischen Geschichte. Neben der Scapa Flow-Inszenierung wird im Schlosspark eine Art Remake des berühmten Reiterstandbilds Friedrichs des Großen Unter den Linden zu sehen sein, und auch die preußische Anmut verschafft sich skulpturalen Außenraum.
In der Ausstellungshalle selbst zeigt Moritz Götze seine ganz eigene Perspektive auf die preußische Geschichtspolitik: Historienbilder – Variationen auf Motive aus dem Bilderfundus des Staatsmalers und Malerfürsten Anton von Werner –, ein »preussisches Walhalla«, das eine Vielzahl bedeutender Akteure der preußischen Vor-, Zentral- und Nachgeschichte in Emaillen und Gemälden vorführt, sowie Reliquienschreine und eine Schatz- und Wunderkammer.
Moritz Götzes augenzwinkernde Geschichts-Tableaus sind alles andere als ästhetische Relativierungsversuche deutscher Schuldverstrickung. Die Abgründe und Ambivalenzen der Realgeschichte verleugnet Moritz Götze in seinen Arbeiten nicht, sie werden vielmehr selbst zum Gegenstand seines Bildprogramms. Moritz Götzes Zugriff ist dabei geprägt von einem farbkräftig-opulenten German Pop, der seine unverwechselbare Stilsignatur ist und ihn als einen der wichtigsten und prägenden Maler seiner Generation auszeichnet.
Eröffnung: Sonntag 10.05.2008, 16 Uhr, Großer Saal