Der Berliner Bildhauer Georg Kolbe (1877–1947) schuf neben Entwürfen zu seinen Skulpturen eine Reihe von Bewegungsstudien auf Papier. Das vorliegende Blatt entstand zu Beginn der 1920er-Jahre und zeigt einen nach vorne gebeugten weiblichen Akt.
Die in einem Bewegungsablauf eingefrorene Haltung der Frau mit gebeugtem Oberkörper mutet tänzerisch an. Wie sein Vorbild Auguste Rodin (1840 –1917) war auch Kolbe auf der Suche nach neuen, unkonventionellen Körperhaltungen. Er bat seine Modelle, sich frei im Raum zu bewegen und auf Zuruf zu verharren, wenn er eine Position interessant fand. Oftmals engagierte der Künstler für diese Studien Tänzerinnen und Tänzer als Modelle, deren Körperbeherrschung seinem künstlerischen Anliegen entgegenkam. In dieser Zeichnung umriss er mit der Rohrfeder die Konturen der Figur und modellierte ihren Körper durch entschieden gesetzte Pinsellavierungen. Die schnell gezogenen Umrisse, die Tintenspritzer und die dunklen Partien unterstützen die Dynamik der Pose. Kolbe demonstriert in der Zeichnung seine Souveränität im Umgang mit den zeichnerischen Mitteln.