Der Erste Weltkrieg gilt als die „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“. Zur Erinnerung an den Kriegsbeginn vor 100 Jahren zeigt das Stadtmuseum Erlangen eine Ausstellung, die nicht nur die Auswirkungen des Kriegs auf die Universitäts- und Garnisonsstadt Erlangen dokumentiert, sondern auch politische Einstellungen und Wahrnehmungsmuster ins Blickfeld rückt. Historische Fotografien, Briefe, Plakate und Objekte informieren über die Mobilmachung, die zunehmende Totalisierung des Krieges sowie über das Kriegsende und die Revolution im November 1918 in Erlangen. Weitere Themen sind die Fronterfahrungen Erlanger Soldaten und das Gedenken an die Kriegstoten in der Weimarer Zeit. Ein „Metadenkmal“ am Martin-Luther-Platz weist auf die Funktion des ehemaligen Kriegerdenkmals als Versammlungsort bei Kriegsbeginn hin.
Die einzelnen Stationen verdeutlichen, wie sehr Erlangen auch in den Kriegsjahren durch die Garnison und Universität geprägt wurde. Die staatstragenden Repräsentanten des wilhelminischen Erlangen kamen aus dem Besitzbürgertum, der Professorenschaft, den Studentenverbindungen und dem antiparlamentarisch eingestellten Militär. Gerade in diesen Kreisen wurde der Krieg Anfang August 1914 emphatisch begrüßt und auch propagandistisch unterstützt. Viele Studenten drängten als Kriegsfreiwillige an die Front, während ihre Professoren die geistige Mobilisierung der Jugend betrieben und auf den Siegfrieden setzten.
Auch nach dem Ausrücken der beiden Erlanger Regimenter prägte die Garnison das Leben in der Stadt. Bereits im Sommer 1914 wurde das Garnisonslazarett durch mehrere Reservelazarette – darunter das Kollegiengebäude und Schloss – ergänzt. Für die immer neuen Truppenaushebungen wurden provisorische Massenquartiere eingerichtet, und auf dem Exerzierplatz entstand ein Gefangenenlager, in dem bis zu 3600 gefangene Franzosen und Russen interniert waren.
Mit der Fortdauer des Krieges wurden alle gesellschaftlichen Ressourcen in den Dienst der Kriegsführung gestellt. Durch Volksküchen, die Fürsorge für Kriegerfamilien und die Zwangsbewirtschaftung der Lebensmittel versuchte die Stadt die Not zu lindern. Aber auch die Einführung von Bezugsscheinen 1915 konnte nicht verhindern, dass sich Versorgungsengpässe immer mehr verschärften. Im „Steckrübenwinter“ 1916/17 kam es zu einer regelrechten Hungersnot. Die Zustimmung zum Krieg schwand, größere Unruhen beim Militär und in der Bevölkerung gab es, im Frühjahr 1918.
Die Novemberrevolution von 1918 führte in Erlangen zur Gründung eines „Arbeiter- und Soldatenrates“, dessen Wortführer aus SPD und Gewerkschaften im Verbund mit der Stadtspitze einen gemäßigten Kurs im Übergang zur Demokratie verfolgten. Etwa gleichzeitig beendete der Waffenstillstand von Compiègne den Krieg. Als die harten Bedingungen des Friedensvertrags im Mai 1919 bekannt wurden, protestierte auch in Erlangen nicht nur das Bürgertum, sondern auch die Arbeiterschaft.
Während des Ersten Weltkriegs fielen etwa 600 Erlanger Bürger und 400 Studenten; die beiden Erlanger Regimenter hatten etwa 3300 Tote zu beklagen – eine Bilanz, die später von nationalistischen und reaktionären Kräften missbraucht wurde. Statt der Trauer Ausdruck zu geben und an des Leid des Krieges zu erinnern, propagierten sie den „Heldentod für das Vaterland“ und die Hoffnung auf Deutschlands Wiedererstarken. – Auch dieser politische Totenkult der Weimarer Zeit gehört zu den folgenreichen Verwerfungen, die auf die „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ zurückführbar sind.