10.04.2011 - 31.07.2011
Eine große Sonderausstellung widmet sich im Sommer 2011 in Trier einem aktuellen und hoch brisanten Thema. Armut, als Motiv in der Kunst und als ge-sellschaftliches Phänomen, wird im Mittelpunkt der umfassenden Sonderschau stehen. Rund 200 hochkarätige Gemälde, Skulpturen, Grafiken und Fotografien geben in zwei Ausstellungen Auskunft über unterschiedliche Sichtweisen auf Armut und Arme in Europa. Der Schwerpunkt liegt im Stadtmuseum Simeonstift Trier, das ausgewählte Werke vom Mittelalter über die Zeit des Barock bis in die Gegenwart zeigt. Das Rheinische Landesmuseum ergänzt mit eindrucksvollen Exponaten aus der Antike.
Das Konzept entstand in enger Zusammenarbeit mit dem Sonderforschungs-bereich 600 "Fremdheit und Armut" der Universität Trier, auf dessen For-schungsergebnissen die Ausstellung basiert. Das Bischöfliche Dom- und Diözesanmuseum, das Museum Karl-Marx-Haus, die Europäische Kunst-akademie, das Theater Trier und das Kultur- und Kommunikationszentrum Tufa beteiligen sich mit Sonderveranstaltungen am umfangreichen Begleitprogramm. Damit wird die langjährige erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen einzelnen Kulturinstitutionen und der Universität Trier mit einem weiteren Projekt fort-gesetzt.
Brueghel, Rembrandt und Picasso sind nur einige der schon zu Lebzeiten über-aus erfolgreichen, wohlhabenden und bis heute auf dem Markt hoch gehandel-ten Künstler, die sich überraschenderweise dennoch mit Armut auseinander-setzten. Doch nicht alle eint derselbe Blick, dieselbe Einstellung zu diesem viel diskutierten Thema. Mal als asketisches Ideal verherrlicht, mal als sozialer Miss-stand verurteilt, veranschaulicht die Ausstellung im Stadtmuseum Simeonstift anhand ausgewählter Exponate unterschiedliche Sichtweisen auf Armut und Arme.
Ikonen der Fotografiegeschichte wie August Sander und Walker Evans stehen für einen sachlich kühlen Blick. Ihr Ziel ist es, Menschen mit erhöhtem Armutsrisiko ein Gesicht zu verleihen und zu dokumentieren. Fotografien sind jedoch stets mehr als ein Abbild der Realität. Karin Powser beispielsweise, die selbst mehre-re Jahre auf der Straße lebte, zeigt Motive, die oft trotz ihres ernsten Themas ins ironisch-komische kippen.
Im 19. Jahrhundert führte die Industrialisierung zu massenhafter Not von Arbei-tern und zur sprunghaften Erweiterung städtischer Elendsviertel. Künstler wie Heinrich Zille, Käthe Kollwitz und Ernst Barlach reagierten auf dieses Problem mit anklagenden und als Hilferuf formulierten Grafiken. Das Leid und Elend der Menschen inspirierte sie zu einer neuen, expressiven Formensprache.
Sozialreformer und Politiker, wie die gebürtigen Trierer Karl Marx oder Oswald von Nell-Breuning, bemühten sich auf gesellschaftspolitischer Ebene um sozial verträgliche Lösungen des Problems. Zeitgenössische Künstler wie Jonathan Meese oder Christoph Schlingensief kommentieren in der Ausstellung diese Reformvorschläge. Doch das Thema ist schon viel älter. Pieter Brueghel d.J. malte Anfang des 17. Jahrhunderts sein berühmtes Gemälde "Die Sieben Werke der Barmherzigkeit", das die Mildtätigkeit und Anteilnahme an armen Gesell-schaftsschichten als moralische Pflicht vor Augen hält. Davon unterscheidet sich das Gemälde der "Bettelmusikanten" von Rembrandt, das eine verklärt-ideali-sierte Sicht vom Leben in Armut zeigt.