07.12.2007 - 23.03.2008
Der Bildhauer, Zeichner und Schriftsteller Ernst Barlach (1870 – 1938), einer der bekanntesten und bedeutendsten Künstler des frühen 20. Jahrhunderts, fand auf einer Russlandreise im Sommer 1906 sein Thema: den einfachen Menschen in seiner Gebundenheit an Kosmos, Natur und Umwelt. Die dort erlebten einfachen, unverbildeten und bodenverwachsenen Menschen wurden für ihn chiffrenhaft zum Symbol der menschlichen Existenz schlechthin.
Barlach, der sich in der Großstadt nie wohl gefühlt hatte, zog 1910 ins mecklenburgische Güstrow. Hier fand er in kleinstädtisch-ländlicher Abgeschiedenheit die Ruhe, die er benötigte, um in höchster Konzentration das Wesen seiner Figuren herausarbeiten zu können.
Die nun gezeigten Exponate der Ernst Barlach Museumsgesellschaft Hamburg bieten dem Besucher in der Städtischen Galerie Rosenheim einen umfassenden Überblick über das Werk des „Einsiedlers von Güstrow“. Neben zahlreichen Plastiken aus allen wichtigen Schaffensphasen ist sein druckgrafisches Werk mit dem Schwerpunkt auf den Illustrationszyklen zu seinen expressionistischen Dramen nahezu vollständig vertreten.
Barlachs berühmter „Schwebender Engel“, 1927 als Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs im Güstrower Dom aufgehängt und von den Nationalsozialisten 1937 als „entartet“ abgenommen und eingeschmolzen, ist in Rosenheim als Gussmodell aus Gips in voller Größe zu besichtigen. Dieses Modell entstand durch das mutige Eingreifen fvon Barlachs Mitarbeiter Bernhard Böhmer, der vor der Zerstörung der Originalplastik einen Gipsabdruck nehmen konnte.
Dieser Engel trägt die Gesichtszüge von Käthe Kollwitz (1867 – 1945), der zweiten Künstlerpersönlichkeit in der Rosenheimer Ausstellung. Die Berliner Grafikerin und Bildhauerin zeigte sich stark beeindruckt vom Schaffen Barlachs und reflektierte immer wieder sein Werk in ihrem. Als persönlichen Abschied porträtierte sie den Künstlerfreund auf dem Totenbett. Hochkarätige Drucke dieser Mahnerin für Frieden und soziale Gerechtigkeit runden die Präsentation in Rosenheim ab.