16.05.2008 - 13.07.2008
Der Titel der Ausstellung neuester Werke von Thomas Bechinger aus den Jahren 2003 bis 2008 im Städtischen Kunstmuseum Singen, mit dem das Museum seine Vermittlung zeitgenössischer Künstler aus der Euregio Bodensee fortsetzt, spielt in seiner Doppeldeutigkeit sehr schön an auf die Ambivalenz der Malerei Thomas Bechingers an.
Sie fragt danach: „Was ist zu tun?“ – vor dem Hintergrund der langen, komplexen Geschichte der reduzierten Farbmalerei seit den ersten Experimenten der „reinen Malerei“ um 1910 bis heute. Dagegen: Was bleibt anderes zu tun – als die Konzentration auf das eigene, künstlerische „Tun mit der Farbe“, das weitere Malen?
Vor diesem Hintergrund wird einsehbarer, was den Maler Thomas Bechinger antreibt. Die wesentliche Bestimmung dieser „hybriden“ Malerei ist es, das Malen, verstanden als Gemenge aus Arbeit und Hingabe, wieder selbstverständlicher zu machen. Das Bild soll nicht angeschaut werden als Produkt, als bloßes Ergebnis, sondern als Summe Gestalt gewordener Erfahrungen mit Farbe. „Natürlich“, so Bechinger, „gibt es einen ontologischen Unterschied zwischen den Verteilen von Farbe auf einer Fläche und einem Bild. Wenn es mir jedoch gelingt, diesen Unterschied möglichst klein zu halten, dann kann ich, zumindest eine gewisse Zeit lang, am Bild „vorbeimalen“. Gleichzeitig kann ich [dann] aber auch zu einem anderen“, d.h. offeneren „Bild kommen.“
Recht nüchtern versteht Bechinger unter „Farbe“ zuerst „ihre Behandlung“:
- Pigmentierung - Bindemittel / Abbindung - Farbkonsistenz
- Bildträger - Bildformat / Erstreckung - Pinsel / Rolle
- Farbauftrag - Bewegung / Verlauf - Schichtung
- Farbbahn(en) / Richtung - Farbfeld(er) - Malverfahren
- Textur (Verteilung) - Faktur (Aufbau) - Struktur (Gefüge)
- Übermalung(en) - Überlagerung(en) - Farbgrat(e) / Anstoß
- Fläche - Tiefe - vorne / hinten - Durchscheinen
- matt / glänzend - Farblicht -Monochromie - Mehrfarbigkeit
- Tonwert(e)
Dies wird im Museumsraum vordringlich an jener Wandmalerei anschaulich, die Bechinger speziell für den großen Ausstellungsraum des Städtischen Kunstmuseums Singen realisiert.
Bechingers Malerei „kennt nur Pinselspuren“. Sie führen dem Betrachter die Abfolge jener unprätentiösen Handlungen vor Augen, die in der Summe ein Bild, besser: das für Bechinger typische, komplex-tektonische Gefüge, seine Architektur der Farben, ergeben.
Von da aus, d.h. ausgehend von der Einsicht in die Wirklichkeit der Farbe und bei Absage an den rezeptiven Ballast, eröffnen sich der Malerei neue Möglichkeiten. Als Betrachter habe ich den Gewinn, dass ich mich, einerseits, der Analyse der Malerei, andererseits aber auch ganz dem Erlebnis, ja der Schönheit der Farbe hingeben kann. Bechingers Handlungen und das Erleben der Betrachter sind von der Materialität des Bildes untrennbar. Der Zugang zur Bedeutung dieser Malerei liegt in der Begegnung mit der Materialität der Farbe begründet.