Der Berührungspunkt bei aller Verschiedenheit der beiden Künstler in diesem ZuSpiel liegt darin, dass sie ihren Ausgangspunkt streng von einer bestimmten, sehr realen Situation nehmen.
Grundthema von Jinran Kim ist im Doppelsinn des Wortes die Aufhebung von Realität in Erinnerung. „After the Rain“ nannte sie eine Serie, die nach dokumentarischem Bildmaterial vom zerstörten Berlin entstand. Die Künstlerin öffnet mit der Erinnerung an ihre kulturelle Herkunft den Bildern von den Momenten des Schreckens, in dem die Bomben gefallen sind und die Staubwolken der Zerstörung noch in der Luft stehen, eine zweite Realität. Die Ruinenlandschaft Berlin, mit aufgelöster Asche in differenziertem Grau gemalt, wird zu einer an zarte asiatische Tuschmalereien erinnernden Berglandschaft. Durch die Skelette der Bauten in den menschenleeren Straßen schweben wie Schmetterlinge leichten Schrittes zierliche Geishas als „Trümmerfrauen“. Die mit dem Staub niedergesunkene Stille ist nicht mehr trostlos.
Johannes Krause unterwandert mit seinen akustischen Untersuchungen unseren dominanten Sehsinn und wendet unsere Aufmerksamkeit dem Hören zu – Realität ist bei ihm nicht sichtbar, sondern wird zu einem Klang von Raum und Zeit und öffnet damit unbeachtete und unbewusste Wahrnehmungsräume. In Serien nimmt er vergleichbare räumliche Situationen auf, so unsere Achtsamkeit gegenüber der Wirklichkeit und gegenüber unserer eigenen Wahrnehmung anders strukturierend. Seine in Städten, in Dörfern, in Hinterhöfen, in Häusern, im Wald ohne Effekte und Bearbeitung aufgezeichneten Klangstücke eröffnen die ungeahnte sinnliche Komplexität von Räumen in unserer Welt und führen uns quasi mit geschlossenen Augen in eine Tiefendimension der Realität.