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Textil- und Rennsportmuseum

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09337 Hohenstein-Ernstthal
Tel.: 03723 477 11
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Öffnungszeiten:

Di-So 13.00-17.00 Uhr

formschön und bügelfrei – Plaste und Chemiefaserstoffe in der DDR

07.03.2008 - 18.05.2008
Vor 100 Jahren erfindet der belgische Chemiker Backeland den ersten industriell hergestellten Kunststoff, den er Bakelit nennt. Wegen seiner Festigkeit und Isolierfähigkeit werden in den Anfangsjahren vor allem Bauteile für elektrische Geräte wie Telefon, Lampen oder Radios gefertigt, die sich in schwarz und dunklen Brauntönen zeigen. Die 1937 in Deutschland und Amerika entwickelten ersten Kunstfasern führen in der Anwendung zunächst zu den heiß begehrten Nylon- und Perlonstrümpfen. Ab Mitte der 1950er Jahre, nach der Überwindung der Nachkriegszeit, setzt eine vielfältige Anwendung von Kunststoffen ein. In den Haushalt ziehen neue Produkte in leuchtenden Farben und aerodynamischem Design ein: Küchen- und Kaffeemaschinen, Plaste-Kristall, Eierbecher Marke Huhn, Gewürzdosen oder der dreigeteilte Plasteteller in der Schulspeisung und Betriebskantine sind im DDR-Alltag allgegenwärtig Zeitgleich erleben Kunstfasern eine enorme Steigerungsrate. Sie stehen symbolhaft für Modernität und Freiheit in der Zeit des „Wirtschaftswunders“ der Bundesrepublik und des in der DDR aufgelegten Chemieprogramms, welches „Wohlstand Schönheit und Glück“ verheißt. 1959 muss die DDR auf den bis dahin gesamtdeutschen Markennamen Perlon verzichten und führt den Begriff Dederon ein. Aus dem luftigen Traumstoff kommen rauschende Petticoatkleider, zarte Unter- und Nachtwäsche und bügelfreie Männerhemden in Mode. Kittelschürzen und Einkaufsbeutel aus Dederon sind heute noch Symbol für die untergegangene DDR. Hinzu treten Kunstfasermarken wie Präsent 20, Grisuten, Wolpryla, Regan. Die pflegeleichten Textilien aus reinen Kunstfasern täuschen jedoch langfristig nicht über die unangenehmen Trageeigenschaften wie Schweißbildung hinweg. Ab Mitte der 1970er Jahre, bedingt auch durch die Ölkrise, führt die Entwicklung wieder hin zu Naturfasern und Mischgeweben. Die Ausstellung zeigt an einigen Beispielen von Bakelit die Anfänge in der Anwendung von Kunststoffen in der ersten Hälfte des 20. Jh. In den Bereichen Haushalt, Küche, Spielzeug sowie Bekleidung wird die um 1960 einsetzende Vielfalt sichtbar. Kunststoffe und Kunstfasern sind seitdem aus dem DDR-Alltag nicht mehr wegzudenken.

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