Gleichsam als 'Schlussbukett' vor der vorübergehenden Schliessung vereint die Villa Flora nochmals Meisterwerke aus der Hahnloser/Jaeggli Stiftung und macht aufmerksam auf die Bedeutung dieser Fondation, die Schenkungen der Nachkommen des Winterthurer Sammlerpaars vereint. Wie es dem Profil der Kollektion entspricht, liegt das Schwergewicht auch in der Ausstellung bei Werken von Bonnard, Vallotton und Vuillard; zu sehen sein werden aber auch Bilder von Matisse, Marquet, von Odilon Redon, Van Gogh und Cézanne. Schon Arthur und Hedy Hahnloser haben ihrer Zeit gemäss gesammelt und so will auch die Villa Flora in ihrer Ausstellung einen Akzent mit Gegenwartskunst setzen. Sie überrascht mit Interventionen von Judith Albert, Ursula Palla und Mario Sala, die auf Werke der Sammlung Bezug nehmen, und baut damit eine Brücke zwischen den Zeiten. In den subtilen stimmungsvollen Bildern von Pierre Bonnard scheint die Zeit im intimen Augenblick aufgehoben. Er selber hat die Kunst als ein 'Anhalten der Zeit' verstanden.
Hedy Hahnloser hat es gefordert und gelebt: il faut vivre son temps. Das Besondere an der Sammlung Arthur und Hedy Hahnloser ist denn auch ihr Gegenwartsbezug. Das Winterthurer Paar hat sich nicht retrospektiv orientiert wie viele andere Kunstliebhaber derselben Generation. Die beiden waren mit den Künstlern, deren Werke sie bewunderten und früh erwarben, oft eng befreundet und standen mit ihnen in einem lebendigen Austausch. Bonnard und Vallotton, Maillol und Manguin waren in der Villa Flora zu Gast und kannten also deren Architektur und deren Atmosphäre. Sie wussten um die einmalige Übereinstimmung des Ortes mit ihren Arbeiten.
Im Werk von Bonnard spielt das Moment der Zeit eine bestimmende Rolle. ‚L'oeuvre d'art: un arrêt de temps’ war er überzeugt. Er suchte im Bild den erfüllten Augenblick, der sich auch auf die Vergangenheit weitet und so die Grenzen der linearen Zeitmessung aufbricht. Raum und Zeit geraten in seinem Werk in Bewegung. In einem so zentralen Werk wie ‚L'effet de glace ou Le tub’ oder ‚Les faunes’ zeigt sich seine besondere Sicht auf die Welt. In der Loslösung von der fixierenden Zentralperspektive gelangte er zu seiner 'vision mobile et variable'.
Besonders eng war die Freundschaft zwischen Vallotton und Hedy Hahnloser, was ihr Briefaustausch belegt genauso wie die frühen Portraits, die Vallotton von Hedy, von Arthur und den Kindern Lisa und Hans nach Studien in der Villa Flora geschaffen hat. Die besondere Affinität der Sammler zu Vallotton erklärt, weshalb sie sich früh für herausragende Werke wie ‚La Blanche et la Noire’ entschieden haben und damit nicht nur ihre eigene Zeit gelebt haben, sondern ihr auch weit voraus waren. Zum engen Freundeskreis der Nabis gehörte weiter der Maler Edouard Vuillard, der mit den Winterthurer Sammlern ebenfalls in regem Kontakt stand. Schönste, dichte Werke aus der Zeit der Nabisphase wie ‚Nu dans le salon rayé’ gelangten in die Villa Flora.
Die Villa Flora, über die Generationen hinweg ein lebendig gebliebenes, gastfreundliches Haus, öffnet sich mit der jetzigen Ausstellung der Gegenwart. Die Werke von Ursula Palla, Judith Albert und von Mario Sala - alle schon einmal mit Arbeiten im Museum vertreten - runden die Ausstellung ab. Sala nimmt mit seinen Hinterglasbildern Bezug auf Matisse. Judith Albert antwortet mit ihrer Videoarbeit ‚Nu à l' écharpe orange’ ganz direkt auf Vallotton und Ursula Palla versteht ihre Projektion ‚Sunflowers’ als Hommage an Van Gogh.