11.02.2010 - 11.04.2010
Damenstifts Wallenstein, das als evangelische Institution von 1832 bis 1992 im Palais Buseck – und damit in unmittelbarer Nachbarschaft des Fuldaer Doms – nicht nur beim Besuch Papst Johannes Pauls II. 1980 Flagge zeigte. Im Stift, an dessen Spitze eine frei gewählte Äbtissin stand, konnten unverheiratete adelige, lutherische und reformierte Frauen aus ganz Deutschland ohne männliche Bevormundung ihr Leben gestalten und ihre Begabungen pflegen.
Die kulturhistorische Ausstellung erzählt Geschichten von Freiheitsräumen und Freiheitsträumen in vier Sektionen, die sich mit der äußeren und inneren Geschichte des 1759 von Maria Amalia von Schlitz, genannt von Görtz, geborene von Wallenstein, gegründeten Damenstifts, der dort heimischen Salon-Kultur und der von den Damen praktizierten Religion beschäftigen.
Nach der Errichtung des Stifts im Jahr 1783 und bewegten Anfängen zogen die Stiftsdamen 1832 von Homberg/Efze nach Fulda. Dort entwickelte sich das 1731/32 erbaute, geräumige Palais Buseck, die Residenz des letzten Fuldaer Fürstbischofs Adalbert von Harstall, mit dem barocken Festsaal und dem im Biedermeier ausgestatteten Roten Saal zu einem Zentrum des evangelischen Gemeindelebens, ein Freiheitsraum für die Fuldaer Protestanten.
Für die Identität des Stifts besaßen der Adel und dessen Werte wie Familie und Loyalität gegenüber dem Landesherrn, aber auch nationales Bewusstsein zentrale Bedeutung. Die engen Verbindungen des Stifts zum Haus Hohenzollern belegt der von Kaiser Wilhelm II. 1909 gestiftete Äbtissinnenstab – Symbol der Selbstverwaltung und der Freiheit des Stifts.
Das wichtigste Dokument der kulturhistorischen Bedeutung des Stifts, das um 1840 auch als literarischer Salon und Anlaufstelle im katholischen Fulda isolierter, literarischer Dissidenten wie des späteren Burgtheaterdirektors Franz Dingelstedt fungierte, ist das „Rothe Buch“, das dem Schriftsteller Heinrich Koenig am 2. März 1848 als Abschiedsgeschenk im Damenstift überreicht wurde und die kritische, bürgerliche „Elite“ Fuldas im kurzfristig freiheitstrunkenen Revolutionsjahr 1848 versammelte.
Das Engagement der Stiftsdame Sophie von Gilsa für die – katholischen – Barmherzigen Schwestern, deren Caritas sie 1839 mit einer Schrift öffentlichkeitswirksam verteidigte, verdient in einem vor-ökumenischen Zeitalter besondere Aufmerksamkeit. 1887 gründete das Stift eine evangelische „Kinderbewahranstalt“, und die Stiftsdamen engagierten sich bis in die jüngste Vergangenheit in der Bahnhofsmission.
Das Stift Wallenstein - ein über Fulda hinaus bedeutsames Haus der Freiheit zwischen Erde und Himmel.