23.06.2012 - 06.01.2013
Das gesprochene und geschriebene Wort hat bereits vor langer Zeit Einzug in die bildende Kunst gehalten: als Sinnspruch, Randbemerkung und Zitat, als collagiertes Textfragment, als Bestandteil einer Performance, eines Videos oder einer Soundinstallation. Besonders seit der Conceptual Art gilt Sprache gar als eigentliches und eigenständiges Material und Medium der bildenden Kunst.
Der Kulturkreis der deutschen Wirtschaft des BDI vergibt seit 1953 Förderpreise für Architektur, Musik, Literatur und Bildende Kunst. Die Auslobung für die Bildende Kunst fand 2011/12 zum Thema „Sprache“ statt. Eine Jury unter Vorsitz von Dr. Arend Oetker entschied sich für drei aktuelle Preisträger, deren Werke in Essen, Riga und nun auch in Bremen der Öffentlichkeit vorgestellt werden. „Die Künstler loten mit ihren Mitteln die Grenzbereiche sprachlicher Möglichkeiten aus, etwa an der Schnittstelle zu Sound und Fotografie. Sie begeben sich auf eine Art ‚Spurensuche’ und reflektieren vielschichtig den Zugang zu Sprache und den Formen der Überlieferung.“(Arend Oetker)
Erik Bünger, 1976 im schwedischen Växjö geboren, studierte elektroakustische Komposition, Komposition und Philosophie. In seinen Lecture Performances, Videos und Installationen verarbeitet und dekonstruiert er bereits existierende Musikstücke, Videoclips und Filme. Durch Abmischen und Neukombination des bereits vorhandenen Materials schafft er auf intelligente und oft humorvolle Weise vollkommen neue Sinn- und Reflexionsebenen im bereits Bekannten. Sein Thema ist die suggestive und mythenbildende Macht der Sprache innerhalb der Medien, insbesondere im Film und in der Popkultur. Sein kritischer Blick gilt vor allem der Tatsache, dass sich die medial vermittelten Stereotypen, Muster und Vor-Bilder anscheinend problem- und bruchlos aufs Leben übertragen lassen.
Philipp Goldbach, 1978 in Köln geboren, konzentriert sich in seiner Arbeit auf die Beziehung von Schrift und dem Träger, auf dem sie geschrieben wurde. Ihn interessiert der Informationswert geschriebener Sprache im Verhältnis zur Vergänglichkeit des Materials, auf dem sie sich befindet. Wenn er Hauptwerke idealistischer Philosophie oder Reiseberichte des 19. Jahrhunderts handschriftlich kopiert, geht es ihm um das mühsame Abarbeiten an Text und Material. Bei seinen „Tafelbildern“ stellt er hingegen gerade das Auslöschen und Verschwinden-Machen von Schrift in den Mittelpunkt. Wenn er bei seiner Beschäftigung mit dem Fotosatz die Verbindung von analoger Fotografie und Schrift fokussiert, haben wir es mit künstlerischen Untersuchungen von geschriebener Sprache zu tun, die weit über den normalen Sprachgebrauch hinausweisen.
Juergen Staack, geb. 1978 in Doberlug, Kirchhain, stellt das Verhältnis von Bild und Beschreibung in den Vordergrund und fragt, was ein Bild überhaupt zum Bild macht. Bilder beginnen vernehmbar zu sprechen, oder sie werden ausgelöscht und müssen durch Erinnerung und den Versuch ihrer Beschreibung wiederbelebt werden. Immer wieder geht es auch um Übertragungen und Übersetzungen von Sprache, welche live im Ausstellungsraum stattfinden. So unterhalten sich in einer neuen Arbeit zwei Gehörlose für alle sichtbar, aber für die meisten unverständlich über Museumsbesucher und ihre Verhaltensweisen. Dieser stumme Dialog wird simultan von zwei Gebärdensprachdolmetschern in einem anderen Raum in akustisch vernehmbare Sprache übersetzt.