27.11.2010 - 06.02.2011
Olaf Schlotes Bildwelten beschreiben eine leicht zu übersehende Wirklichkeit – jenseits der hektischen Flut der hochglanzpolierten Images. So unterschiedlich seine Motive auf den ersten Blick auch wirken, ihnen ist die Schönheit des Beiläufigen im Tarngewand des Verborgenen gemein.
Auf seinen Streifzügen durch die Areale des Wirklichen, auf seinen Reisen in Griechenland, Frankreich und Italien, auf den Straßen Berlins, auf den Erkundungen in den seine Heimatstadt umgebenden Landschaften oder in den Stück für Stück ihr ursprüngliches inneres Getriebe verlierenden Orten des Bremer Hafens findet Schlote die Momente, an denen sein Blick haften bleibt. Diese Momente können erschütternd sein, zumeist aber muten sie eher beiläufig an, fokussieren das im Alltäglichen oft Ungesehene, in dem sich ein Raum tieferer Bedeutung zu entfalten weiß.
Schlote hat das Bild menschlicher Existenz in einer Vielzahl gänzlich unterschiedlicher Fotografien gefasst. Wir sehen Momente der Reise, des Aufbrechens, der sehnsuchtsvollen Ahnung, an einen anderen Ort zu gelangen, von dessen Existenz es kein Bild gibt. Wir sehen Menschengruppen im Taumel des Spiels, im tanzenden Reigen des Lebens. Oder Menschen auf dem Weg durch die Alltäglichkeit unserer Städte, umfasst von den Spuren der Geschichte, die sich auf den sie umgebenden Architekturen abzeichnen. Immer ist der Blick des Künstlers den Momenten auf der Spur, in denen sich Grundbedingungen des Existenziellen spiegeln. Die Elemente Feuer, Wasser, Erde erscheinen in traumwandlerisch gesehenen Landschaftsbildern, deren gestochen flirrendes Licht von einem steten Wandel erzählt, vom pulsierenden Changieren, vom Übergleiten in einen anderen Zustand – in den Gezeiten des Lichts. Die Motive des Transits – Brücken, Treppen, Tunnel – erscheinen in einem Licht, das die von ihm erfasste Welt geradezu zum Verschwinden zu bringen scheint.
Olaf Schlotes Fotografien legen Wirklichkeit in ihrem Geheimnis und ihrem Facettenreichtum offen. Sie fokussieren unseren Blick auf eine Welt der verblüffenden Erscheinungen und führen uns über die Grenzen unserer "eingetakteten" Wirklichkeitserfassung hinaus.
Seine einzelnen Arbeiten, die sich nun in eine umfassende Ausstellung fügen, sind keine Einzelteile eines aufzulösenden Rebus. Aber sie fügen sich dennoch im In- und Gegeneinander paralleler Welten zu einem unspektakulär-intimen, fotografischen Gesang, in dem die Existenz auf einen wundersamen Ton gestimmt ist. Im präzisen Festhalten kleiner Wunder, Ordnungen und Formationen des Wirklichen entspinnt sich ein geheimnisvolles Band, das das Sichtbare unsichtbar durchzieht und allein als atmosphärische Gegenwart spürbar ist, als Gegenwart des künstlerischen Blicks, als Signatur des Sehens.