11.09.2009 - 15.11.2009
Was bedeutet es heute im Bereich der Kultur unter stabilen Verhältnissen zu arbeiten? Kultur scheint seit jeher ein Garant für einen gesellschaftlichen Mehrwert zu sein. Wie steht es also um die Kultur und im Besonderen um die zeitgenössische Kunst in Zeiten, die in sehr kurzfristigen Spannen agieren und denken, in Zeiten, in denen es um Geschwindigkeit, Flexibilität und Anpassungsfähigkeit geht? Bestimmt der Wandel der Gesellschaftsordnung die Paradigma der Kunst, oder hat sich die Kunst die Paradigma der Flüchtigkeit schon längst selbst verinnerlicht?
Vor diesem gedanklichen Hintergrund bewegt sich die internationale Gruppenausstellung „Flüchtige Zeiten".
Die Bausubstanz des 1972 fertig gestellten Landes-museums – in dem der Westfälische Kunstverein damals seinen eigenen Ausstellungsraum bezog – wurde aus politischer Perspektive kürzlich für überholt bewertet und die Umsetzung eines Neubaus entschieden. Bis zum Wiedereinzug in das neue Gebäude wird der Kunstverein für mindestens vier Jahre ohne festen Ausstellungsraum auskommen müssen. Aus dieser „Krise" entstand die bewusste Entscheidung, das Ausstellungsprogramm auch ohne festen Raum kontinuierlich weiterzuführen. Ausgehend von der Behauptung, dass sich die Substanz der in den 1970er Jahren eingeschlagenen Programmrichtung nicht überholt hat, sonder vielmehr Anlass zur reflektierten Auseinandersetzung mit den heutigen Strukturen gibt, wird die Frage gestellt, welches Potenzial zukünftig aus den nomadischen Verhältnissen für das Programm geschöpft werden kann.
Die ausgewählten Künstlerinnen werden im Rahmen der Ausstellung „Flüchtige Zeiten" das Thema der Flexibilität, sowie die Frage nach der Beliebigkeit und der Notwendigkeit für Nachhaltigkeit von Kultur auf vielfältige Weise umsetzen. Aus unterschiedlichen kulturellen Kontexten kommend, werden sie das Thema weit über die lokalen Aspekte hinaus zur Sprache bringen. Der Titel des Projektes – Flüchtige Zeiten – bezieht sich auf das gleichnamige Buch des Soziologen und Philosophen Zygmunt Bauman (*1925). Er beschreibt darin das düstere Szenario einer unverantwortlichen Weltgesellschaft verunsicherter und entmündigter Bürger. Das Buch gibt trotz seiner negativen Tendenz zahlreiche Denkanstöße, die aktuelle Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung kritisch zu betrachten. Denn häufig manifestieren sich in scheinbar flüchtigen Zusammenhängen Machtstrukturen auf eklatante Weise. Dass Flüchtigkeit ein Paradigma unserer Zeit ist, an dem kritische Kulturarbeit scheitert, gleichzeitig daraus aber ebenso produktiv schöpft, zeigen die ausgewählten Arbeiten in der Ausstellung auf vielfältige Weise.
Parallel zur Ausstellung des Kunstvereins in den Räumen des ehemaligen Verwaltungsgebäudes an der Herwarthstraße wird ein Teil des Ausstellungsprojektes „over and out“ der AZKM (Gastkurator: Christoph Platz) zu sehen sein.