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Zitadelle Spandau Museum für Stadtgeschichte


Am Juliusturm 64
13599 Berlin
Tel.: 030 354 944 264
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Öffnungszeiten:

tägl. 10.00-17.00 Uhr

Indien entdecken!

08.12.2012 - 01.04.2013

Indien hat viele Geschichten zu erzählen. Es gibt das ewige Indien, eine alte Zivilisation mit großen Epen, dem Ramayana und dem Mahabharata, sogar älter als die Ilias und die Odyssee. Dann gibt es das neue Indien, ein junges Indien, ein Indien in Bewegung. Auf einer Reise durch seine jüngste Kunstgeschichte im Rahmen der „Days of India“ sind Gemälde, Drucke und Skulpturen seiner wichtigsten Künstler des späten 20. Jh. zu entdecken - so von Arpita Singh, Bhupen Khakhar, Francis Newton Souza, K.K. Hebbar, Maqbool Fida Husain, Ram Kumar oder Tyeb Mehta. Es ist eine Auswahl aus der Sammlung der Lalit Kala Akademi, der Nationalen Kunstakademie Indiens, unter dem Titel „MODERNS“ - Werke aus der Zeit Mitte der 50er bis Mitte der 80er Jahre des 20. Jh.. Arbeiten gerade aus dieser Periode zeitgenössischer Kunst auszusuchen war eine ganz bewusste Entscheidung, denn sie spiegeln die produktivsten Phasen und Entwicklungsstufen der Kunst der nachkolonialen Zeit in Indien wider.
Der aktuelle Boom in der zeitgenössischen Kunst Indiens findet heute international und vor einem internationalen Publikum statt – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Kunst, aber auch auf die Künstler. Die Werke von Künstlern zu zeigen, die maßgeblichen Anteil an der Entwicklung der indischen Gegenwartskunst haben, aber einem breiten Publikum noch sehr unzugänglich sind, stellt eine große Herausforderung dar und ist gerade für eine Institution wie die Lalit Kala Akademi eine wichtige Aufgabe. In den Arbeiten wird deutlich, wie neue Techniken und Inhalte aufgenommen wurden oder erst entstanden, wie diese Zeit zu radikalen Veränderungen in der Kunst und der Kunstszene Indiens führte.
Subodh Kerkar, Jahrgang 1959, ist der bekannteste Landschafts- künstler Indiens. Seine Vorliebe gilt Installationen in freier Natur, manchmal sogar von einem Kilometer Länge. Seine „Lieblingsleinwand“ ist die Küste. „Das Meer ist mein Meister und meine Muse“, sagt er. Er nutzt vor Ort vorhandene Materialien wie Muscheln, Steine, Kiesel, Bambus oder andere Pflanzen. So schafft er eine Verbindung zwischen Leben, Natur und Kunst. Seine künstlerischen Eingriffe in die Landschaft sind meist kurzlebig und haben viele Ebenen: ästhetisch, konzeptionell, materiell, historisch und politisch.
Gewöhnlich legen Landschaftskünstler eher Wert auf das Malerische und verzichten auf Politik. Subodh Kerkar hingegen erfüllt das Malerische und das Dekorative mit dem politischen Aspekt. Seine in ihren Dimensionen faszinierenden Werke laden den Betrachter ein, Kollaborateur zu werden, und existieren nicht im geschlossen Raum sondern nahe an den Menschen. So drückt eines seiner Werke seine Solidarität mit dem tibetischen Anliegen aus. Dazu hat er 600 Gebetsfahnen in den Vagator Strand in Goa gesteckt. Tausende Menschen haben dort demonstriert, darunter tibetische Mönche. „This was an oceanic prayer for the freedom of the snow”, sagte Kerkar. Er stellte bereits weit über Indien hinaus aus: in Süd-Korea, Dubai, Norwegen, Holland, Portugal, Italien, der Schweiz und in Deutschland. Zur Ruhr Biennale 2010 setzte er sich mit 55 weiteren Künstlern aus 12 Ländern mit dem Thema Zukunft der Lebensräume in den Zeiten des Klimawandels und der Umweltkatastrophen auseinander. Subodh Kerkar sieht sich selbst als Künstler und Aktivist. Er lebt und arbeitet in Goa. Auf der Zitadelle sind unter dem Titel „pepper cross“ großformatige Fotos seiner Installationen sowie Skulpturen und Objekte zu sehen.
Amit Pasricha, 1966 in Neu Delhi geboren, lebt auch heute dort. Bereits als weltweit bekannter Fotograf spezialisierte er sich auf die digitale Panorama-Fotografie. Mit ihr fokussiert er auf mehrere Bild-Zentren und nicht auf nur eines, wie es die klassische Fotografie praktiziert. Seine Arbeiten wurden in Indien, London und New York ausgestellt. Viele sind in privaten Sammlungen zu finden. Er publizierte auch zahlreiche Bildbände. Seine Edition „The Monumental India Book“ wurde 2008 weltweit in die Top Ten der aufwendig angelegten Bildbände gewählt.
Auf der Zitadelle wird eine Fotoauswahl über das heilige Indien gezeigt. Pasricha sagt: „Die Fotos gestatten dem Betrachter nicht, Außen- stehender zu bleiben. Sie ziehen ihn direkt in den Wirbel des Bildes – in die Mitte einer trunkenen Masse, in das dunkle, verrußte Heiligtum eines Tempels oder zu den Füßen einer Göttin. Dadurch wird die Betrachtung subjektiv. Wenn ich eine Panoramafotografie aufnehme, fotografiere ich, was mich umgibt, und das ist genau, was der Betrachter sieht. Ein Blick ins Innere. Subjektivität ist der Blick auf die menschliche Erfahrung aus der Froschperspektive. Der westliche Verstand ist geschult zu denken, Objektivität sei Wahrheit – der Blick auf den Lauf des Lebens aus der Vogelperspektive. Aber Wirklichkeit existiert dort, wo sich beide kreuzen. Indiens heiliges Geschenk an die Welt ist seine andauernde Fähigkeit, Subjektivität zu erleben und diese geheimnisvolle Magie dem spirituell Suchenden aus der westlichen Welt weiterzugeben. Der Westen wiederum bietet uns rationale, lo- gische Analysen von Phänomenen und dem Befinden der Menschheit. Eines Tages in der Zukunft, wenn beide Welten sich überschneiden, werden wir tatsächlich weise sein.“

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