August Macke Haus, Foto: Michael Sondermann
KULTURpur - Wissen, wo was läuft!

August Macke Haus

August Macke Haus, Foto: Michael Sondermann
August Macke Haus, Foto: Michael Sondermann

Bornheimer Str. 96
53119 Bonn
Tel.: 0228 65 55 31
Homepage

Öffnungszeiten:

bis Herbst 2017 geschlossen

Christus an Rhein und Ruhr - Zur Wiederentdeckung des Sakralen in der Moderne 1910 – 1930

29.05.2009 - 13.09.2009
Ecce Homo – die "Veronika" Will Küppers hält das Schweißtuch hoch – Seht, ein Mensch! Heinrich Hoerle malt das Antlitz ChristusÂ’ und zerlegt es in kubistische Formen: Hier ist der neue Mensch! Die Kölner Künstlerzeitschrift Ventilator ruft provokant eine „Warnung!“ aus: „Laßt Euch auf keinen Handel mit dem Herzen ein. Verbarrikadiert Eure Gefühle. Haltet euch am Besitz – euer gefährlichster Feind ist der Geist! [Â…] Epidemien greifen um sich! Christus ist auf der Welt. Der Kommunist Christus.“ Die Ausstellung „Christus an Rhein und Ruhr“ im August Macke Haus erinnert an ein Jahrhundertphänomen, das allzu lange im Verborgenen blieb. Heinrich Campendonk malt den „grünen Christus“ am Kreuz, grün nicht als Farbe, sondern als Verb, als Seinszustand. Der Christus des 20. Jahrhundert ist grün – er ist jung und er grünt – er lebt und er kommt. Er wird und muss der ganz Andere sein! Wilhelm Lehmbrucks Entwurf für den Ehrenfriedhof auf dem Kaiserberg in Duisburg manifestiert nicht den heroischen Körper, hier begegnet kein Krieger, schwertumgürtet. Er ist der „Gestürzte“. Zu schwach, um aufzustehen, scheint er im Kriechen innegehalten. Er weint. Auf allen Vieren schockiert er den Betrachter in seiner Verletzlichkeit, appelliert, man müsse ihm helfen. Lehmbrucks Gestürzter markiert eine Grenze: Hier geht es nicht mehr weiter. Der Mensch hat die Tiefe seiner Existenz erreicht, wie Christus im Leiden an die Grenze der Erniedrigung gelangt ist. Wie er zugleich zum Symbol neuer Menschlichkeit wurde, konnte und musste auch diese Generation der Erniedrigten zu neuem Leben und zu neuem Empfinden vorstoßen. Der Kölner Künstler Franz W. Seiwert motivierte mit seinem vor 1925 entstandenen, undatierten Glasbild „Christus im Ruhrgebiet“ zum Titel der Ausstellung. Christus durfte nicht länger in der süß-kitschigen Stilisierung einer weltfernen, zeitlosen Bildwelt und kommerzialisierten Andachtskultur verkommen. Hier und Jetzt, angesichts der Entfremdungserfahrungen der Moderne, besann man sich auf die Wirkmacht und spirituelle Kraft Jesu und reaktivierte eine verschüttete kulturelle Erinnerung. Christus erschien, wie in seiner Zeit, als der Leidende und als Retter zugleich. Dies galt vor allem nach der Erschütterung, die der Erste Weltkrieg bedeutet hatte. In der urbanen Kultur des Rheinlandes verdichtete sich der messianische Geist, der bis weit in die zwanziger und frühen dreißiger Jahre Künstler und Schriftsteller zu innovativem Schaffen anregte. Philosophie und Theologie, Architektur, Kunstgewerbe und Musik zehrten vom neuen Christusbild. Die Ausstellung zeigt Malerei und Graphik, Plastik und Keramik, Literatur und Bühnenbilder. Gezeigt werden künstlerische Arbeiten u. a. von Herm Dienz, Otto Freundlich, Heinrich Hoerle, Franz W. Jansen, Will Küpper, Else Lasker-Schüler, Wilhelm Lehmbruck, August Macke, Marie von Malachowski-Nauen, Carlo Mense, Heinrich Nauen, Walter Ophey, Otto Pankok, Lotte B. Prechner, Franz W. Seiwert; Adalbert Trillhaase, Egon Wilden, Emil Zuppke sowie literarische Werke u. a. von Carl Einstein, Kurt Heynicke, Hannes Küpper, Karl Röttger, Karl Gabriel Pfeill, Paul Zech, Carl Zuckmayer.

KULTURpur empfehlen