Menschen haben schon immer ihre Heimat verlassen und sind in andere Länder gezogen. Migration ist also der Normalzustand und nicht der Ausnahmefall, wie viele meinen. Auch Deutschland hat verstanden, dass es zu einem Einwanderungsland geworden ist. Denn zwanzig Prozent der hier Lebenden blicken auf eine Zuwanderungsgeschichte zurück. Gekommen sind Menschen aus aller Welt, die ein anderes Leben suchen. Menschen, die in Deutschland studieren oder arbeiten möchten als Krankenschwester oder Biologin, als Maurer oder IT-Spezialist oder die sich ganz einfach in jemanden verliebt haben. Oder Frauen, Männer, Alte und Kinder, die auf der Flucht sind vor Intoleranz, Verfolgung, Hunger oder Krieg. Und dann sind da noch diejenigen, die in Deutschland geboren wurden als Kinder von Eltern, die nicht hier geboren wurden. Für all diese Persönlichkeiten hat sich der bürokratische Begriff „Menschen mit Migrationshintergrund" eingebürgert. Sie sind es, die in dieser Ausstellung im Vordergrund stehen werden. Zusammen mit allen anderen, die „Das neue Deutschland" ausmachen.
Viele Menschen begegnen unserer Einwanderungsgesellschaft mit gelassener Akzeptanz. Sie erkennen eine Bereicherung ihres Lebens darin und sehen Chancen, dass sich Deutschland weiter zu einem weltoffenen Land fortentwickelt. Politik und Wirtschaft haben festgestellt, dass wir auch aus demografischen Gründen auf Zuwanderung angewiesen sind. Andere sind durch die Veränderungen ihrer vertrauten Alltagswelt beunruhigt, oder sie begegnen Migranten mit offener Ablehnung. Und schließlich gibt es in unserer Gesellschaft Rechtsextremismus, militante Islamfeindlichkeit und Rassismus, der nicht vor Gewalt und Mord halt macht. Das ist der Hintergrund, vor dem wir danach fragen, wie „Das neue Deutschland" heute aussieht und wohin es sich in seiner sozialen und kulturellen Vielfalt weiter entwickeln kann.
Wie wir zusammen leben wollen, das ist in einer Einwanderungsgesellschaft ein ständiger Aushandlungsprozess zwischen denen, die schon da sind, und denen, die noch kommen werden. Während durch die Politik die Rahmenbedingungen gesetzt werden, kann „Das neue Deutschland" nur in der Begegnung von Menschen gelingen. Die Herausforderung besteht darin, das Anderssein der Anderen anzuerkennen und gleichzeitig Gemeinsamkeiten wahrzunehmen, wo zunächst nur Befremden herrschte. Vor allem aber gilt es, einen konflikt- und zukunftsfähigen Umgang mit diesen Anforderungen einer offenen Gesellschaft zu lernen.