22.04.2007 - 15.12.2007
Das Fragment zeigt den unteren Teil eines nach rechts gewandten Löwenkopfes sowie Hals und Schulteransatz einer menschlichen Figur. Danach ist die Darstellung zu einer mischgestaltigen Gottheit mit Löwenkopf zu ergänzen. Ebenfalls erhalten sind Teile der feingelockten Perücke sowie auf der Schulter der Träger eines Gewandes. Unter dem Ohr ist der ausschwingende Teil der Löwenmähne zu erkennen, die in ihrer starken Stilisierung an ein pflanzliches Motiv erinnert.
Die Darstellung ist zu einer stehenden Figur des Löwengottes Apedemak zu ergänzen, der als Kriegsgott eine der wichtigsten Gottheiten des meroitischen Pantheons ist. Seine am besten erhalten Tempel sind bislang aus den Königsstädten Naga und Musawwarat es-Sufra bekannt. Dieser Block wurde in späterer Verbauung in der Hauptstadt Meroe gefunden, wo sich ein nahezu an dieses Relief anpassendes Fragment, das den oberen Teil des Kopfes mit dem Ansatz einer Krone zeigt, noch in situ befindet.
Die Religion im Reich von Meroe (ca. 350 v. – 300 n. Chr.) vereint Götter altägyptischen Ursprungs mit einheimischen Gottheiten. Die Architektur ihrer Tempel orientiert sich an ihrer Herkunft: Die Tempel der ägyptischen Götter – die größte Bedeutung hatte der widderköpfige Götterkönig Amun – zeigen einen ägyptischen Grundriss mit einer Abfolge von Räumen über einen Säulensaal bis ins Allerheiligste. Die Tempel der meroitischen Götter hingegen bestehen nur aus einem einzigen Raum, dem ein leicht überhöhter Pylon (Eingangstor), wieder nach ägyptischem Vorbild, vorgeblendet sein kann. Der Münchner Block belegt das ursprüngliche Vorhandensein eines Löwentempels auch für Meroe, auch wenn dieser bislang in seiner architektonischen Anlage noch nicht freigelegt wurde.