Farhad Fozouni schreibt eine Poesie des Nachbebens in Wort, Bild, Skulptur, Licht und Ton. Persische Traditionen der Miniaturmalerei, Kalligraphie und des Kunsthandwerks werden dabei aufgegriffen und aus ihrer Rolle als Trägermedium vorgängiger Bedeutungen befreit. Die Formen, Schriften und Materialien selbst werden bedeutungshaft. Anstatt Weisheit und Wahrheiten zu illustrieren, bringen sie gegenwärtige Gefühlszustände hervor. So etwa in der Serie Aftershock Poetry (2009): Digitale Zeichnungen zeigen surreale Apparaturen, die von einer männlichen Figur mit blutroter Flüssigkeit betrieben werden. Textfelder in den einzelnen Elementen der Apparatur künden von deren Brutalität und den Emotionen der männlichen Figur, die in Fußnoten unterhalb der Zeichnungen präzisiert werden. In den Skulpturen der Serie Blades Poetry (2009) verbinden sich persisch-arabische Vokalisationszeichen und architektonisches Formenvokabular auf kleinen Holzblöcken zu scharfkantigen Ornamenten. Mit der Installation Rain-Fear Poetry (2014), die eigens für die Ausstellung entstanden ist, überführt der Künstler Kalligraphie ins Dreidimensionale und lässt die Buchstaben von der Decke regnen.
Fozounis Arbeiten sind ein Erzeugungssystem für ambivalente Emotionen und erheben damit poetischen Einspruch gegen den Kapitalismus der Zeichen. Seine Arbeiten verkörpern Momente der Erschütterung, die wir spüren, ohne sie greifen zu können. In der ersten institutionellen Einzelausstellung von Farhad Fozouni bevölkern Gefühlskonglomerate aus Angst, Liebe, Schmerz und Sehnsucht den Turm des Fridericianum.