05.12.2009 - 14.02.2010
Navid Nuur (geboren in Teheran, 1976) beschreibt seine Arbeiten selbst als ‚IntermoduleÂ’ und nicht als Skulpturen oder Installationen. Diese sind aus seiner Sichtweise zu unbeweglich und starr, als dass sie die erzielte Verbindung mit ihrer Umwelt, im Sinne von Raum und Zeit sowie mit dem Betrachter, herstellen könnten. Aus dem gleichen Grund lehnt er den für seine Arbeiten gerne herangezogenen Begriff „site specific“ ab. ‚IntermoduleÂ’ dagegen – zusammengesetzt aus den Begriffen „Interim“ und „Modul“ – bewegen sich in dem von ihm erwünschten Zwischenbereich. Mit „Modul“ nimmt Navid Nuur Bezug auf die Denkweise sowie die tatsächliche Konzeptualisierung, während er mit dem Begriff „Interim“ auf den Raum und das Zeitweilige verweist und damit im Besonderen den prozessualen Charakter seiner Arbeiten hervorhebt.
Die Beziehung zwischen dem künstlerischen Konzept und der Form spielt für ihn ebenso eine zentrale Rolle, wobei sich die Form manchmal der kontextuellen Idee unterordnen muss, nie aber nur das Ergebnis dieser ist. Vielmehr entwickelt sich die Form durch die künstlerischen Vorgaben oder Regeln, bei denen für Nuur auch die Intuition einen entscheidenden Faktor darstellt. Der relativ einfache Aufbau seiner Arbeiten und die Wahl nahezu banaler, meist dem Alltag entnommener Materialien wie Wachs, Steckschwämme für Blumengestecke, Polaroidfotografien, Lebensmittel, Müllcontainer und Verpackungsmaterialien wie Tetra Pak sind Teil seines künstlerischen Regelwerks. Zudem stellt Navid Nuur immer eine sehr enge Verbindung seiner Arbeiten mit deren Titel her, der den inhaltlichen Zusammenhang und die thematische Aussage erst herstellt. Als unmittelbares Beispiel hierfür dient die Arbeit I am just an idea between the tape and the wall (2008), die aus einem Stück an der Wand befestigten gelben Klebebands besteht, auf dessen Rückseite und somit im Bereich zwischen der Wand und dem Klebeband der Titel zu lesen ist.
Für seine Einzelausstellung in der Kunsthalle Fridericianum stellt Navid Nuur ein umfangreiches Ensemble seiner ‚IntermoduleÂ’ vor, das in seiner Vielfalt die Besucher einlädt, in seine künstlerische Gedankenwelt des Dazwischen einzutauchen. So wird die Arbeit Vein of Venus II (2008) zu sehen sein, mit der Nuur auf fast spielerische Weise eine Verbindung zwischen der Mikro- und der Makro-Welt herstellt. Let us meet inside you (2008) ist eine Arbeit Nuurs, die er für die Räume des Fridericianums neu entwickelt hat. Ursprünglich bestand diese Arbeit aus einem Wasserspender, um dessen Tank ein Notizbuch mit einem Gürtel gebunden war und in dem die Worte ‚let us meet inside youÂ’ geschrieben standen, die nun durch den mit Wasser gefüllten Tank zu lesen waren. In Kassel wird diese Arbeit als Mauer bestehend aus 7000 Wasserflaschen in Kisten konzipiert. Es ist nicht nur auf jeder Flasche die Aufforderung des Titels zu lesen, sondern die Flaschen werden erst im Fridericianum mit Wasser befüllt, so dass diese Arbeit zusätzlich den Charakter einer langfristigen Performance erhält. Dieser Mauer steht eine zwanzig Meter lange Wand gegenüber, die aus Steckschwämmen für Blumengestecke erstellt wird. Nach oben und an den Außenrändern hinterlässt Navid Nuur mit seinen Fingern Druckstellen an dem Material, so dass der Eindruck des Auflösens und Verschwindens entsteht. Zudem werden die Arbeiten Citysoil, die Leuchtkasten-Arbeit Vibes, eine neue Polaroid-Serie sowie die Neon- Arbeit Tentacle Thought Nr. 5 gezeigt. Die ursprüngliche Version Tentacle Thought hat Nuur im Kontext einer Ausstellung in Berlin konzipiert und die Form der Einbindung dieser Arbeit in das Kasseler Konzept ist auch eine Frage der neuen Licht- und Materialverhältnisse; so erklärt der Künstler: „Mit dieser Arbeit wird Licht als komplexe Ganzheit betrachtet und nicht nur als Beleuchtung, die ein Kunstwerk hervorhebt.“