Anlässlich des Jubiläums von 50 Jahren Sammelleidenschaft geht die umfangreiche Präsentation der Sammlung mit der Ausstellung »Leben mit Kunst – Teil 2« weiter: Nach dem Fokus auf geometrisch-konkrete Kunst, die Zero-Gruppe und ihr Umfeld sowie wichtige Vertreter der amerikanischen Kunst seit den 1960er Jahren in der ersten Schau, ist die Fortsetzung nun jüngeren Positionen gewidmet – jünger sowohl im künstlerischen wie auch sammlerischen Sinne. Aber auch hier macht sich das Interesse des Sammlers an der Auseinandersetzung mit der Tradition geometrischer und konkreter Kunst und der Weiterentwicklung ihrer Grundaspekte in aktuellen künstlerischen Ansätzen bemerkbar.
Raumfüllend beeindruckt im ersten Stock eine 2014 angekaufte, ein Jahr zuvor entstandene Arbeit von Liam Gillick. Mit seinen sechs quadratischen, drei Meter in die Höhe ragenden und teilweise mit farbigen Plexiglas-Elementen versehenen Aluminiumgerüsten demonstriert »Complete Bin Development« zugleich Offenheit und unverrückbare räumliche Präsenz. Der Aspekt des offenen Raumbezugs klingt auch in den aus lackiertem Aluminium bestehenden Wandarbeiten Gerold Millers an. In Anlehnung an die Bildgestaltung geformte Ausschnitte geben den Werken reliefartigen Charakter.
Im Gegenzug dazu widmet sich Stéphane Dafflon der Rasterstruktur und Unterteilung der weißen Bildfläche durch farbige Linien in Quadrat- und Rechteckformen auf rein malerische Weise. Die zu den Eckpunkten hin auslaufenden Konturen erzeugen eine subtile Dynamik – ein Moment, das sich in den sich auflösenden Linien und der optischen Wirkung in Anlehnung an Op-Art-Elemente auch bei Philippe Decrauzat findet. An die Farbfeld-Malerei, genauer die Ausrichtung des Hard-Edge, erinnern die großformatigen Arbeiten von Henrik Eiben. Ihren ganz individuellen Charakter erhalten sie dabei durch die besondere Stofflichkeit: Eiben setzt seine Werke aus Samt, Filz, Leder und anderen Materialien zusammen.
Auch Figürliches erwartet den Besucher in der abwechslungsreichen Zusammenstellung. Beispielsweise bringt Vincent Szarek in einem Teil seiner plastischen Arbeiten, dem »Firebird« oder dem »Palm Tree«, vermeintlich Alltägliches in den musealen Kontext, und Robert Longo ist mit mehreren seiner fantastischen Kohlezeichnungen vertreten, die durch ihre fotorealistische Perfektion faszinieren und zahlenmäßig zu einem Schwerpunkt der Kollektion geworden sind. Als ein recht neuer Aspekt hat die inszenierte Fotografie Einzug in die Sammlung gehalten, für die beispielhaft die sechsteilige Serie großformatiger Schwarz-Weiß-Fotografien von Jürgen Klauke steht, mit dem Titel »Sich selbst optimierendes System«.
Das Spiel mit Farbe, Form und (Ober-)Fläche führt gleichsam als Leitmotiv durch die Ausstellung, zeigt sich dem Betrachter in erfrischender Varianz und gewährt auch der ein oder anderen abweichenden Einzelposition den geeigneten Raum, sich zu behaupten. Dass mancher künstlerische Ansatz »aus dem Rahmen« zu fallen scheint, mag bisweilen verwundern. Diese Tatsache unterstreicht aber wunderbar die so ehrliche wie auch bescheidene Aussage des Sammlers: »Ich sammle aus dem Bauch heraus.«