„Gebt mir vier Jahre Zeit“ – so lautete in Anlehnung an ein Hitler-Zitat von 1933 der Titel einer Ausstellung, die 1937 in den Berliner Messehallen zu sehen war. Als begehbarer Rechenschaftsbericht trug sie das bisherige Wirken der Nationalsozialisten in Deutschland und seiner Hauptstadt propagandistisch in die Öffentlichkeit. Wenige Monate später feierte Berlin sein 700-jähriges Stadtjubiläum als identitätsstiftendes Geschichts-Event. Die neue Sonderausstellung „Berlin 1937“ im Märkischen Museum nimmt die damaligen Resümees zum Anlass einer intensiven, kritischen Auseinandersetzung mit großstädtischen Lebenswirklichkeiten unter den Bedingungen der Diktatur.
Was für ein Berlin präsentierte sich den Einwohnern und Besuchern der Stadt? Welche Brüche oder Kontinuitäten gab es im öffentlichen und im privaten Raum? Wie konnte das „braune“ Regime im „roten“ Berlin Zustimmung gewinnen? Welche Konsequenzen ergaben sich für den Einzelnen und für Gesellschaftsgruppen? Und vor allem: Wie deutlich war der verbrecherische Charakter des Systems bereits vor Krieg und Holocaust erkennbar?
Die heutige Betrachtung der NS-Zeit ist durch die Fokussierung auf Terror, Gewalt und Zerstörung geprägt. Berlin wird hierbei als die Zentrale eines politisch-militärischen Apparates wahrgenommen, dessen Handeln auf das Deutsche Reich, Europa und die Welt ausstrahlte. Dahinter verblasst zumeist der Alltag der Vorkriegszeit, obwohl er erkenntnisreiche Einblicke in die Funktionsweisen und die Wirkmechanismen der Diktatur liefert.
Ausgehend von der Betrachtung städtischer Räume erschließt die Ausstellung im neu gestalteten Sockelgeschoss des Märkischen Museums unterschiedlichste Themenfelder. Zeitzeugenberichte aus dem Jahr 1937 ermöglichen einen multiperspektivischen Blick auf das Leben im damaligen Berlin.
Die rund 50 ausgestellten Einzelobjekte stehen im Zentrum einer intensiven Befragung: Was verrät die Typenbezeichnung eines Radios über den Personenkult um Hitler? Wie kann eine Butterdose Bestandteil von Kriegsvorbereitungen sein? Was haben die Büste des SA-Mannes Horst Wessel und die Skulptur für eine KZ-Gedenkstätte gemeinsam? Was erzählt eine Coca-Cola-Flasche über Antisemitismus und welche Verbindung schafft sie zwischen dem damaligen Stadtjubiläum Berlins und dem Nürnberger Reichsparteitag?
Die Objekte erzählen Geschichte, indem sie in der Ausstellung selbst „zum Sprechen“ gebracht werden: Stationäre Tablet-Computer bieten mit historischen Fotos, Dokumenten und Filmausschnitten auf kompakte und abwechslungsreiche Weise vertiefende Informationen und eröffnen größere Zusammenhänge.