26.01.2012 - 16.09.2012
Bereits in den frühen 1980er Jahren leistete das Weltkulturen Museum durch die Sammlung außereuropäischer Gegenwartskunst Pionierarbeit auf dem Gebiet des Dialogs zwischen zeitgenössischer Kunst und ethnologischen Museen. Wie eine künstlerische Auseinandersetzung mit ethnografischen Artefakten im Museum heute aussehen kann, untersucht die von Direktorin Clémentine Deliss kuratierte Ausstellung „Objekt Atlas – Feldforschung im Museum“.
Die Ausstellung zeigt Objekte aus der Sammlung des Weltkulturen Museums gemeinsam mit neu geschaffenen Arbeiten von sieben internationalen Künstlern. Statt in ferne Länder zu reisen, betrieben sie als ‚Artists in Residence’ zwischen Februar und September 2011 Feldforschung im Weltkulturen Labor am Schaumainkai 37.
In ihrer Untersuchung der Sammlungsgegenstände griffen die meisten Künstler auf das Medium der Malerei zurück und verliehen ihrer Arbeit damit einen überraschenden historischen Bezug, mit dem zu Beginn ihrer Feldforschungen im Museum nicht zu rechnen war: Auf ethnografischen Expeditionen im 19. und 20. Jahrhundert wurden Ethnologen regelmäßig von Künstlern begleitet, um die Artefakte und Menschen in situ zu dokumentieren. In diesem Zusammenhang werden erstmalig historische Zeichnungen und Fotografien von phallischen Pfosten, die von Alf Bayrle (Vater von Thomas Bayrle) 1934 während einer Expedition nach Äthiopien gefertigt wurden, zusammen mit den originalen Grabstelen, die das Museum im selben Jahr erwarb, gezeigt.
Die Auswahl der Sammlungsobjekte umfasst nahezu alle Kontinente und zeigt spannende Kontraste. Marc Camille Chaimowicz’ Installation „The Frankfurt Suite“ basiert auf floralen Elementen aus Indonesien und Samoa sowie auf ausgesuchten Hüten, Nackenstützen und Gürteln aus Afrika. Die nigerianische Künstlerin Otobong Nkanga zeigt Waffen, Schmuck und Währung und neue Kunstwerke, die sie in Lagos und Tilburg produzierte. Antje Majewski präsentiert eine Serie von Bildern, die sich auf mythische prähistorische Steine aus Papua-Neuguinea beziehen. Simon Popper untersucht historische Inventarkarten aus dem Museum und entwickelt daraus eine neue Reihe von Zeichnungen. Diese sind gemeinsam mit über 2.000 Jahre alten Moche-Keramiken aus Peru, Kultfiguren aus Westafrika und Betelkalkbehältern aus Papua-Neuguinea ausgestellt. Thomas Bayrle wählt fein gewebte Fischreusen aus Indonesien und Papua-Neuguinea und entwirft eine ‚Falle für dumme Autos’. Helke Bayrle und Sunah Choi drehten einen Film im Depot des Museums, der die figurativen Details von über einhundert ethnografischen Artefakten untersucht. Ein Leseraum mit Archivmaterialien des wegweisenden Frankfurter Qumran Verlags für Ethnologie und Kunst sowie Kataloge und von den Künstlern ausgewählte Nachschlagewerke erweitern die Feldforschungserfahrungen der Besucher im Museum.